Regensburg (POW) Würfel und ein römischer Soldatenhelm, eine Waschschüssel und ein purpurner Mantel, eine Geißel und eine Dornenkrone liegen auf kleinen Tischen. Dahinter auf Fotos auf großen Schautafeln: die Fußwaschung, Jesus, der unter der Last des Kreuzes fällt, der Auferstandene im Gespräch mit Maria Magdalena. Sanfte Flötenmusik schallt durch die Luft. „Darf ich die mal aufsetzen?“, fragt der elfjährige Johann Schmid, schüchtern auf die Dornenkrone deutend, den Pilatusdarsteller Robert König. Der ist stilecht in den roten Mantel, den ledernen Brustpanzer und die Beinschienen des römischen Statthalters gewandet. Pontius Pilatus nickt freundlich und hilft dem Schüler aus Au in der Hallertau beim Anprobieren des Utensils aus dem Fundus der Fränkischen Passionsspiele Sömmersdorf.
Mit dem alle fünf Jahre stattfindenden biblischen Bühnenspiel präsentiert sich das Bistum Würzburg auf dem 99. Katholikentag in Regensburg. „Mit Christus Brücken bauen“, lautet das Motto der Veranstaltung. Und mit den Passionsspielen gelingt das dem Bistum Würzburg mit seinem Stand auf der Katholikentagsmeile am Protzenweiher bestens: Wie Johann aus Au in der Hallertau schauen Besucher aller Altersklassen und Heimatdiözesen interessiert in das etwa 50 Quadratmeter große Zelt herein, das sich in direkter Nachbarschaft neben den Ständen der (Erz-)Bistümer Augsburg, Passau, Osnabrück, Hamburg, Hildesheim und Münster sowie dem Auftritt des Landeskomitees der Katholiken befindet.
Weihbischof Ulrich Boom nutzt wie Domkapitular Christoph Warmuth die Gelegenheit, mit den Würzburger Diözesanen, die an „ihrem“ Stand vorbeischauen, ins Gespräch zu kommen. „Es fällt auf, dass hier in Regensburg viel mehr Unterfranken anzutreffen sind als beim vergangenen Katholikentag in Mannheim. Ich habe beim Gang durch die Stadt heute schon sehr viele Hände geschüttelt“, sagt der Weihbischof. Mit der Großveranstaltung in Regensburg zeige die Kirche deutlich, dass Brückenbauen ein wichtiges Anliegen sei. „Wir bauen Brücken, damit nicht alles in den Fluss der Zeit stürzt. Und wir tun das mit der größten denkbaren Kraft, mit Christus.“
„Möchtest Du einmal einen Römerhelm aufsetzen?“, fragt Lisa Stark im Gewand von Herodias, der Gattin des Herodes, die fünfjährige Antonia aus Bad Wörishofen. Schwupps haben sie und ihre Schwestern Elisabeth (8) und Johanna (10) auch einmal den Helm auf dem Kopf gehabt. An Papa Bernhard Hölzle hat Stark derweil ein Faltblatt zur kommenden Spielzeit 2018 überreicht. „Das klingt spannend. Ich merke mir das gleich einmal vor“, verspricht dieser. Immer wieder fragen Besucher nach der Hintergrundmusik und zeigen sich angetan von der CD mit den eigens für Sömmersdorf komponierten Instrumentalstücken.
Matthias Reichert, Büroleiter der Hauptabteilung Seelsorge und für den Bistumsstand verantwortlich, schenkt derweil fränkischen Silvaner und Rotling an die Besucher aus Nah und Fern aus. Pfarrer Gerd Greier aus Hofheim im Landkreis Haßberge hat acht Jugendliche und junge Erwachsene aus seiner Pfarreiengemeinschaft in einen Kleinbus gepackt und erkundet mit ihnen den Katholikentag. Für diese gibt es am Würzburger Stand statt Wein Lollipops und Mineralwasser. „Mal gespannt, was es noch zu sehen gibt und welches Abendprogramm wir uns heute noch anschauen“, sagt Theologiestudentin Sandra Lohs.
Viel Lob gibt es auch immer wieder für Pastoralreferent Johannes Simon und die Mitarbeiter des Internetportals www.pfarrbriefservice.de, das sich den Stand mit Würzburg teilt. „Ich nutze das Angebot sehr gerne, weil sich dort viele Texte, Bilder und auch Hinweise für Pfarrbriefmacher finden“, sagt Théo Péporté, Mitglied des Laienrats im Erzbistum Luxemburg. Als persönlicher Freund des Diözesanratsvorsitzenden Karl-Peter Büttner sei für ihn das Vorbeischauen bei den Würzburgern Ehrensache.
„Mein Gewand ist bewusst einfach gehalten. Denn ich verstehe die Rolle der Maria als eine Frau aus dem Volk“, sagt Susanne Mergenthal und zeigt den Kölnern Herbert Schuhmachers und seiner Frau Brigitte Hoffmans laminierte Fotos des Passionspiels aus den vergangenen Jahren. „Und der mit dem Bart? Sind Sie das“, wendet sich Schuhmachers interessiert König zu. „Das war ich als Judas. Haare und Bart sind übrigens echt.“
Für ein bis zwei Stunden pro Tag schreibt der Lyriker und Gemeindereferent Peter Schott am Stand von Pfarrbriefservice persönliche Gedichte. Jeder Besucher darf eine Karte ziehen, auf der ein Stichwort wie Jesus, Hoffnung oder Mut steht. Dann nimmt Schott sich einen kurzen Augenblick der Stille und reimt individuelle Zeilen des Zuspruchs. „Ich bin begeistert, vielen Dank“, sagt Klaudia aus dem Bistum Passau, die mit vier Freundinnen einen Rundgang über den Katholikentag macht. Nachzulesen sind die Gedichte alle auf der Homepage von Pfarrbriefservice.
Kirchliche Würdenträger kommen ebenfalls gerne zur Würzburger Dependance. Monsignore Milan Šásik, griechisch-katholischer Bischof aus dem westukrainischen Mukachewo, informiert sich mit großem Interesse über die Sömmersdorfer Passionsspiele und berichtet nebenbei, dass in seinem rund 350.000 Katholiken zählenden Bistum von der Größe Bayerns von den Unruhen nichts zu spüren sei. Der Münchener Weihbischof Bernhard Haßlberger nimmt am Ende seines Besuchs gerne ein paar der kostenlosen Postkarten mit meditativen Kurztexten und Bildern der Passionsspiele mit.
Bischof Dr. Friedhelm Hofmann macht ausgiebig Station bei seinen Würzburgern. Die Sömmersdorfer Darsteller begrüßen ihren Schirmherren besonders herzlich, zeigen ihm Fotos und berichten von vielen tiefgründigen Gesprächen, die sie schon führen durften. Als der emeritierte Passauer Bischof Wilhelm Schraml vorbeikommt, begrüßen ihn Bischof Hofmann und Weihbischof Boom mit herzlichen Umarmungen. Die Idylle währt nur kurz. Begeistert kommt eine Passantin hinzu, dem Akzent nach aus dem Norden, und schüttelt dem Würzburger Bischof die Hand: „Ich sehe Sie jedes Jahr so gerne im Fernsehen – bei ‚Mainz bleibt Mainz‘“. Gemeint war natürlich die „Fastnacht in Franken“.
Markus Hauck (POW)
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