Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Dokumentation

„Die Ehe ist kein Auslaufmodell“

Predigt von Bischof em. Dr. Friedhelm Hofmann beim Pontifikalgottesdienst für Ehepaare, die ihr goldenes, diamantenes oder eisernes Ehejubiläum feiern, am Mittwoch, 23. Juni 2021, im Kiliansdom in Würzburg

Liebe Schwestern und Brüder,

Liebe goldene, diamantene und eiserne Ehejubilare,

wir alle dürfen heute voll Freude miteinander die heilige Messe als Dankamt vor Gott feiern. „Wir aber wollen von der Liebe geleitet, die Wahrheit bezeugen und in allem auf ihn hin wachsen. Er, Christus ist das Haupt“ (Eph 4,15) lautet der diesjährige Leitsatz für unser Bistum Würzburg. Er ist die Mitte und der Lebensgrund Ihrer Liebe.

Wahrscheinlich hing damals, als Sie heirateten, der „Himmel voller Geigen“. Mit Sicherheit ist dies nicht so geblieben. Die Herausforderungen des Alltags, die Krisen in der Gesellschaft, in der Kirche wie in Ihrem persönlichen Leben haben ihre Spuren hinterlassen. Und gerade deswegen ist Ihr heutiges Kommen von besonderer Bedeutung.

Wir wissen alle um die Probleme in den Ehen. Je mehr jedoch die Ehe in unserer Gesellschaft angefragt wird und allzu oft scheitert, umso mehr sind die Ehepaare gefragt, die uns eine geglückte Liebes- und Lebensbeziehung vorleben.

Ich danke Ihnen allen für Ihr Zeugnis! Sie zeigen deutlich, dass die Ehe kein Auslaufmodell in unserer Gesellschaft ist, sondern im Gegenteil Grundlage eines prosperierenden Gemeinwohls ist. Ehe hat Zukunft!

Wirklich gelebte Liebe ist wie ein Frühlingserwachen im oft kalten Winter unserer Zeit. Sie, liebe Ehejubilare, machen beeindruckend deutlich, dass weder der Eheabschluss ein nur rein privates Geschehen ist, noch das Scheitern einer christlichen Ehe.

Auf manchen Hochzeitsfeiern wird ein sogenanntes Pärchenspiel gespielt, welches testen will, wie gut sich die Brautleute kennen. Dabei werden Fragen zu den jeweiligen Eigenschaften, Macken und Besonderheiten und Verhaltensweisen des anderen gestellt.

Das Paar antwortet darauf, ohne sich dabei anzuschauen. Je mehr Antworten übereinstimmen, desto zuversichtlicher schätzt man die Zukunft dieses Paares ein.

Wenn Sie sich heute einem solchen Spiel unterziehen würden, wie sähen Ihre Antworten aus?

Müsste nicht im Laufe der vielen Ehejahre die Kenntnis über den Ehepartner, die Ehepartnerin, gewachsen sein?

Vergessen wir dabei nicht: Das Ehepaar, das durch die Gemeinschaft mit seinen Kindern eine Familie wird, lebt eine christliche Berufung, die zu einem eindringlichen und beglückenden Zeichen der Liebe Gottes zu uns wird. Nicht ohne Grund verweist Jesus auf die Einheit von Weinstock und Reben.

Nicht zufällig wirkte Christus sein erstes öffentliches Wunder auf der Hochzeitsfeier zu Kana. Und nicht zufällig vollendet sich unsere christliche Hoffnung auf den Himmel im Bild des himmlischen Hochzeitsmahles.

Auf der Hochzeit zu Kana tritt Maria als Fürsprecherin an Christus heran und macht ihn auf die prekäre Situation des Brautpaares aufmerksam: „Herr, sie haben keinen Wein mehr.“ (vgl. Joh 2,3) Jesus bittet die Diener, die zum Reinigen und zum Erfrischen bereit gehaltenen Krüge mit Wasser zu füllen. Das Wunder der Verwandlung in Wein geschieht unspektakulär und wird von der Hochzeitsgesellschaft nicht wahrgenommen. Der Speisemeister, der kostet und nicht begreift woher der Wein kommt, schilt die in seinen Augen schlechte Dramaturgie des Bräutigams. Die Diener aber, so heißt es ausdrücklich, wussten, woher der Wein kam.

Für mich wird dieses Wunder auf der Hochzeit zu Kana auch zu einer grundlegenden Regel der Liebesbeziehung zwischen Gott und uns und untereinander. Christus fordert uns auf, unsere Lebenskrüge mit unserem guten Wollen, der Offenheit für Gottes Willen, mit der Bereitschaft zur Mitarbeit zu füllen. Er macht die Verbindung von Weinstock und Reben überdeutlich. Dann kann die Liebe fruchtbar werden, wenn sie mit Christus verbunden bleibt.

Papst em. Benedikt XVI. hat mit seinen Enzykliken wie „Deus caritas est“ – „Gott ist die Liebe“ und „Caritas in veritate“ – „Liebe in Wahrheit“, die mit großer theologischer Schärfe und akribischer Präzision geschrieben sind, große Aufmerksamkeit gefunden. Kaum ein Wort wird so oft ausgesprochen und besungen wie das Wort Liebe. Kaum ein Begriff ist aber auch so abgenutzt und missbraucht worden wie das Wort Liebe.

Zunächst entfaltete der Papst die Weite dieses Wortes in unserem Lebensumfeld, als er von „Vaterlandsliebe, von Liebe zum Beruf, von Liebe unter Freunden, von der Liebe zur Arbeit, von der Liebe zwischen den Eltern und ihren Kindern, zwischen Geschwistern und Verwandten, von der Liebe zum Nächsten und von der Liebe zu Gott“ sprach.

Dann aber präzisierte er: „In dieser ganzen Bedeutungsvielfalt erscheint aber doch die Liebe zwischen Mann und Frau, in der Leib und Seele untrennbar zusammenspielen und dem Menschen eine Verheißung des Glücks aufgeht, die unwiderstehlich scheint, als der Urtypus von Liebe schlechthin, neben dem auf den ersten Blick alle anderen Arten von Liebe verblassen.“

Bei der wirklichen Liebe geht es um die Entdeckung des anderen. „Liebe“; so der Heilige Vater; „will nicht mehr sich selbst – das Versinken in der Trunkenheit des Glücks -, sie will das Gute für den Geliebten: Sie wird Verzicht, sie wird bereit zum Opfer, ja sie will es.“ Liebe greift auf dem Weg der inneren Reinigung nach Endgültigkeit und Ausschließlichkeit aus. Papst Benedikt weiter: „Liebe zielt auf Ewigkeit. Ja, Liebe ist ,Ekstase‘ aber Ekstase nicht im Sinn des rauschhaften Augenblicks, sondern als Ekstase als ständiger Weg aus dem in sich verschlossenen Ich zur Freigabe des Ich, zur Hingabe und so gerade zur Selbstfindung, ja, zur Findung Gottes.“

So, liebe Ehepaare, liebe Schwestern und Brüder, führt die Erfahrung der echten Liebe zu Gott. Wir dürfen Gott als den Dreifaltigen Einen, als den Liebesaustausch in sich begreifen.

Von daher ist es auch wichtig, dies Ihren Kindern und Enkeln, Ihren Nachbarn und Freunden zu vermitteln.

Wir alle wissen um das vielfältige Scheitern heutiger Ehen. Papst Franziskus verweist immer wieder auf die damit verbundenen Leiden der Betroffenen. In seinem Schreiben „Amoris laetitia“ ruft er uns auf, verständnisvoll und barmherzig mit den Betroffenen umzugehen.

Mich erreichte der Brief eines Ehepaares, das Goldene Hochzeit gefeiert hatte. Darin konnte ich lesen: „Seit unserer Heirat begrüßen wir uns jeden Morgen, indem wir uns gegenseitig ein Kreuz auf die Stirn zeichnen. Das gleiche wiederholen wir vor dem Schlafengehen. Damit besiegeln wir stets erneut unsere gegenseitige Verbundenheit und Liebe.

Meine Eltern haben mir einmal gestanden: „Wir sind an keinem Abend zu Bett gegangen ohne uns – falls es nötig war – zu verzeihen.“

Ihr Ehejubiläum, liebe Eheleute, ist sozusagen der für uns sichtbare Katalysator der Liebe Gottes zu uns.

Von daher ist auch die sakramentale Ehe in das große Liebeswerben Gottes um die Menschheit eingebunden und wird im heutigen Tag in Ihrem auf Dauer und Ausschließlichkeit angelegten Liebeszeugnis für uns alle zu einem Bekenntnis an die Liebe Gottes.

Auf ihn können wir wahrhaft vertrauen. Er ist getreu und wird unsere Liebe einst in der Ewigkeit vollenden.

Amen.