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„Lebens- und Liebesspender"

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann am Pfingstfest, 19. Mai 2013, beim Pontifikalamt zum Hochfest des Heiligen Geistes im Würzburger Kiliansdom

Liebe Schwestern und Brüder,

Pfingsten war ursprünglich bei den Juden das Erntedankfest. Auch das heutige Pfingstfest ist – 50 Tage nach Ostern – eine Art Erntedankfest. Denn heute begehen wir die Herabkunft des Heiligen Geistes, den Christus uns als Frucht, ja, als Tröster und Vollender seines Heilswerkes versprochen hat. Mit ihm und durch ihn fahren wir die Ernte unseres Glaubens ein.

Der für die Jünger katastrophale Kreuzestod Jesu am Karfreitag wurde zunächst durch die Erfahrung des Auferstandenen an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten aufgehellt. Aber das sich Zurückziehen Jesu aus diesen diversen Begegnungen, seine Himmelfahrt, war ein weiterer schmerzlicher Abschied, der nur gemildert wurde durch die Aussage Jesu: „Ich lasse euch nicht als Waisen zurück." (Vgl. Joh 14,18)

Wenn wir uns in die Situation der Frauen und Männer der ersten Stunde versetzen, dann wird uns schnell klar, in welch schwieriger Ausgangsposition sie waren. Christus hatte ihnen aufgetragen: „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!" (Mk 16,15) Wie aber konnten sie das tun, da sie doch vieles noch gar nicht verstanden hatten? Wie konnten sie so eine Botschaft verantwortlich weitergeben, die für ihre Mitmenschen lebenswichtig, ja überlebenswichtig war? Jesus hatte – nach dem Evangelisten Markus – an den Verkündigungsauftrag angefügt: „Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden." – Eine harte Aussage, die sicherlich interpretiert werden muss, aber auch heute nicht einfach verharmlost werden darf. Die Botschaft unserer Erlösung von Schuld und Tod ist nicht eine Privatmythologie, die sich jeder zu Eigen machen kann oder auch nicht, sondern sie ist eine unser ganzes Leben bestimmende Weisung, die erst bei Beherzigung zu einem erfüllten Leben führt.

Die Apostel, die sich als erste in die Pflicht zum Zeugnis für Jesu Heilstat genommen sahen, fühlten sich noch zu unsicher und schwach. Aus sich heraus konnten sie diesem Auftrag nicht gerecht werden. Von daher sehnten sie sich nach dem Tröster und Erneuerer, dem Heiligen Geist.

Diese dritte göttliche Person, diese Kraft Gottes, dieses Liebesband innerhalb der trinitarischen Wirklichkeit Gottes, ist der Lebens- und Liebesspender schlechthin. Wir können ihn schwerlich als Person fassen, da er sich nicht in unsere menschlichen Strukturen einfangen lässt. Aber wir können ihn an seiner Wirkung erfahren: Nach den Worten Jesu ist er unser Beistand, der immer bei uns bleiben soll (vgl. Joh 14,16). Er wird uns alles lehren und an alles erinnern, was Jesus gesagt hat (vgl. Joh 14,26). Durch den Heiligen Geist können wir die Frohbotschaft verstehen und beherzigen lernen. Er ist also die Hilfe schlechthin.

In seiner Kraft wird das Wort Gottes verkündet. In seiner Kraft bewirkt das Wort Gottes das, was es besagt. Es wird also nicht irgendeine Nachricht verkündet, die folgenlos bliebe, sondern – wie Papst Benedikt es treffend formuliert hatte: Das Wort Gottes ist nicht nur informativ, sondern performativ. Das Wort Gottes verändert.

Dem Heiligen Geist verdanken wir jegliches Leben schlechthin, aber auch die Reinigung von Sünden, die Heilung des in unserem Leben Zerbrochenen und die Fähigkeit zu lieben.

Der Heilige Geist tröstet, leitet uns, macht uns fähig zu reden und zu künden. Er bringt Licht in das Dunkel der Welt und gießt Liebe in unsere Herzen. Er hilft uns in unserer Schwachheit und Gebrechlichkeit auf, stärkt uns und bewahrt uns vor dem Bösen. Um diese seine Hilfe bitten wir im Lied „Komm, Schöpfer Geist, kehr bei uns ein". (GL 245)

Wenn ich an die eigene Lebenssituation denke, aber auch an den Zustand der Welt heute, dann kann ich nur sagen: Wir brauchen den Heiligen Geist dringend!

Die heutigen Mitmenschen in unserem Land sind nicht gottloser, nicht härter, gewissensloser und draufgängerischer als früher. Sie stehen wohl öfter distanziert zur Kirche und zu uns Christen allgemein.

Aber sind wir nicht gerade da aufgerufen, mit der Botschaft Jesu ernst zu machen und seine Maßstäbe – die Maßstäbe der Bergpredigt – stärker in diese Welt einzubringen?

Jesus hat seinen Jüngern gesagt – und wir hörten es eben im Evangelium –  dass wir ihn lieben, wenn wir an seinem Wort festhalten. (Vgl. Joh 14,23b) Er kommt aus dem Vater und geht zum Vater zurück. Seine Worte sind Worte des unsichtbaren Gottes. Wer ihm glaubt, vertraut dem allmächtigen Gott. Dies glauben zu können ist durch das Wirken des Heiligen Geistes gegeben.

Mir haben schon öfters kritische Menschen gesagt: „Zeig uns Gott, zeig uns den Heiligen Geist und wir werden an ihn glauben!" Ich habe geantwortet: „Das kann ich nicht! Die Luft, die wir atmen, kann ich auch nicht zeigen und sehen. Aber die Wirkung: Wenn der Wind durch die Bäume weht, der Sturm das Meer aufpeitscht oder Dächer abhebt, erkenne ich sehr wohl seine Wirkung. Genau so geht es mit dem Heiligen Geist. Ich kann ihn nicht sehen. Aber seine Wirkung kann ich erfahren: Wenn Menschen ihr Leben ändern, anfangen zu lieben, Gerechtigkeit und Friede in die Welt tragen, dann ist das das Wirken des Heiligen Geistes." 

Ein unbekannter Autor hat geschrieben:

„Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun.

Er hat keine Füße, nur unsere Füße, um Menschen auf seinen Weg zu führen.  

Christus hat keine Lippen, nur unsere Lippen, um den Menschen von ihm zu erzählen.

Wir sind die einzige Bibel, die die Öffentlichkeit noch liest.

Wir sind Gottes letzte Botschaft, in Taten und Worten geschrieben."

Wenn wir damit ernst machen, kann dank des Heiligen Geistes so heute wirklich Pfingsten unter uns sein. Amen.