Würzburg (POW) Nach den Coronajahren mit ihren Einschränkungen hat die Kiliani-Wallfahrtswoche 2023 wieder neuen Schwung aufgenommen. Insgesamt rund 10.000 Personen haben an den Gottesdiensten und Veranstaltungen teilgenommen, die unter dem biblischen Motto „Sucht zuerst Gottes Reich und seine Gerechtigkeit, dann wird euch alles andere dazugegeben" standen. Mehr als 1600 Ehepaare feierten in der Woche davor die Gottesdienste für Ehejubilare mit. Den Abschluss bildete ein großer Familiengottesdienst mit Bischof Dr. Franz Jung am Sonntag, 9. Juli. Wie bei den anderen Gottesdiensten auch war die anschließende Begegnung für die Gläubigen ein wichtiger Baustein. Bischof Jung nahm sich stets ausgiebig Zeit, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. „Ohne die Begegnung ist es doch keine richtige Wallfahrt“, war vielfach auf dem Kiliansplatz zu hören.
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Zusammenfassung Kiliani-Wallfahrtswoche
„Heute machen wir uns gemeinsam auf die Suche, wo das Reich Gottes ist und seine Gerechtigkeit“, sagte Bischof Jung im Gottesdienst mit und für Familien zum Abschluss der Kiliani-Wallfahrtswoche. Doch zunächst ließen Gemeindereferentin Isabella Friedrich und Pastoralreferent Ullrich Göbel die rund 550 großen und kleinen Gottesdienstbesucher abstimmen: Wer würde sich beim Schulausflug im Bus neben das Flüchtlingskind Achmed setzen, das kaum Deutsch spricht? Wer würde das Pfandgeld aus dem Supermarkt für die Tafel spenden? Bei der Frage, wer kurzfristig beim Sportfest helfen würde, waren sogar mehr Kinder als Erwachsene spontan zum Einspringen bereit. „Die drei Beispiele haben uns gezeigt: Das Reich Gottes, das ist jeden Tag. Das ist immer dann, wenn ich mich entscheiden muss, wie ich handele“, sagte Bischof Jung. Entscheidungen bräuchten Mut. Und manchmal sei man auch wirklich zu müde, um noch zu helfen. Aber wenn man sich einen Schubs gebe, komme das Reich Gottes. „Ich habe schon oft die Erfahrung gemacht: Wenn man jemand die Tür aufhält, halten plötzlich auch andere dem Nächsten die Tür auf. Ein gutes Beispiel zieht Kreise, es verändert die Welt und hilft mit, dass das Reich Gottes kommt“, erklärte der Bischof. Im Anschluss an den Gottesdienst konnten die Familien am Schrein der Frankenapostel den Einzelsegen empfangen. Musikalisch gestaltet wurde die Feier von der Band „six senses“ aus Hettstadt. Auf dem Kiliansplatz verteilten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ehe- und Familienseelsorge des Bistums Lunchpakete.
Am Samstag fand an mehreren Orten im Bistum der Kiliani-Tag der Jugend statt. Die Jugendlichen gedachten der Frankenapostel mit Jugendgottesdiensten, einer Wallfahrt zum Kreuzberg, Spielen und einem Festival. Nach dem Gottesdienst in Obertheres schrieben die Besucherinnen und Besucher mit Straßenkreiden Glaubensbotschaften auf die Straße. Die Pfadfinderinnenschaft Sankt Georg (PSG) hatte in Greußenheim Spiele im Großformat aufgebaut. Die Jugendlichen konnten sich zum Beispiel beim XXL-Mensch-ärgere-dich-nicht duellieren. Im Kilianeum-Haus der Jugend in Würzburg gab es nach dem Gottesdienst ein Festival mit mehreren Künstlerinnen und Künstlern im Innenhof. Von Kilianshof bis zum Kreuzberg pilgerten Jugendliche auf den Spuren des heiligen Kilian. Der Legende nach sollen die Frankenapostel einst den gleichen Weg gegangen sein. Ein Gottesdienst am Kreuzberg rundete die Wallfahrt ab (siehe eigener Bericht).
Als roter Faden durch alle Gottesdienste zog sich die Frage, wie die Suche nach Gottes Reich und seiner Gerechtigkeit zu gestalten ist. Bischof Jung ermunterte dazu, sich bewusst Zeit zu nehmen und dafür den Alltagstrott zu verlassen. „Auch die Frankenapostel haben ihr gewohntes Umfeld verlassen, einen Schnitt gemacht und neu angefangen.“ Mehrfach bezog der Bischof deutlich Stellung zu aktuellen gesellschaftlichen Themen. Beim Tag der Politiker und Räte warnte er vor einer Engführung des Handelns auf Ideologien, Parteiprogramme und Agenden. Es drohten Politikverdrossenheit und Demokratiemüdigkeit, wenn die Menschen den Eindruck bekämen, die Akteure gäben keine Antworten auf ihre persönlichen Nöte. „Dann wählen Menschen Parteien am äußeren Rand – nicht aus Überzeugung, sondern aus der Haltung des Protests.“
Außerdem sprach Bischof Jung sich mehrfach gegen den assistierten Suizid aus. „Ein würdevolles Sterben bedeutet, an der Hand eines anderen zu sterben und nicht durch die Hand eines anderen.“ Zugleich erklärte er, dass in der Kirche Gottes Reich noch nicht verwirklicht sei. „Auch wenn wir vor neuen Einsparungen stehen, macht Jesus doch eines klar: Was am Ende nur noch für uns reicht, reicht auch für uns nicht mehr.“ Baustellen seien zudem die „erschreckende Empathielosigkeit gegenüber den Opfern der eigenen Organisation, die Intransparenz im Umgang mit Macht, fehlende Aufsichtsinstanzen, die unzureichende Beteiligung der Gläubigen an wichtigen Entscheidungsfindungen und die Frage nach der Rolle der Frau“.
Erstmals wurde an Kiliani ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert, an dem sechs verschiedene Konfessionen beteiligt waren. Unter anderem predigte die evangelisch-lutherische Regionalbischöfin Gisela Bornowski im Kiliansdom. „Verschiedenheit ist eine Chance, eine Bereicherung, und keine Bedrohung“, sagte sie. „Egal welcher Konfession oder auch Religion jemand angehört, egal wie schön, wie stark, wie gescheit oder mächtig einer oder eine ist, Christus kommt zu jeder und jedem von uns und lässt sich auf uns ein.“ Eine weitere Neuerung war in diesem Jahr das Bewegungsangebot der DJK. Rund um den Kiliansdom gab es am Samstagvormittag Gelegenheit, auf einer Slackline zu balancieren, Tischtennis an einem Miniaturtisch zu spielen oder die Koordination beim Becher-Speedstacking zu fordern. Ein kompakter geistlicher Impuls ging der Veranstaltung voraus.
Auch an Menschen, die sonst nicht unbedingt im Blick sind, wurde bei der Wallfahrtswoche gedacht. So feierten am Mittwoch Bischof Jung im Würzburger Blindeninstitut und Weihbischof Ulrich Boom im Würzburger Förderzentrum für körperliche und motorische Entwicklung besondere Gottesdienste. „Eure Einrichtung ist wie eine große Blumenwiese, und Gott sorgt für euch“, rief der Weihbischof den jungen Menschen zu. Bischof Jung erklärte im Blindeninstitut: „Wer blind ist, sieht mit den Augen des Herzens. Oder wie es bei einem Schriftsteller heißt: Man sieht nur mit dem Herzen gut.“
Eröffnet wurde die Wallfahrt am Sonntag, 3. Juli, mit der Reliquienprozession von Sankt Burkard in den Kiliansdom. In diesem Jahr nahmen gleich zwei große irische Delegationen, eine aus der Gegend um Kilians Geburtsort Mullagh, eine aus der Würzburger Partnerstadt Wicklow, daran teil. Vertreten war außerdem die Mailänder Pfarrei San Lorenzo Maggiore, in deren Basilika der in Würzburg geborene Märtyrer Aquilin begraben liegt.
Auch in diesem Jahr gab es vor der Kiliani-Wallfahrtswoche Gottesdienste für die Ehejubilare. Bei insgesamt sieben Feiern im Kiliansdom mit Bischof Jung, Weihbischof Boom und Bischof em. Dr. Friedhelm Hofmann ließen sich mehr als 1600 Paare segnen, die 2023 auf 25, 50, 60 oder 65 Ehejahre blickten.
18 Helferinnen und Helfer des Malteser-Hilfsdiensts (MHD) betreuten während der gesamten Wallfahrtswoche und der vorgeschalteten Ehejubilarsgottesdienste die Pilger und leisteten insgesamt knapp 200 ehrenamtliche Stunden Sanitätsdienst. 17-mal halfen sie: vom Insektenstich bis zum Kreislaufkollaps mit anschließendem Transport in eine Würzburger Klinik. „Es kam zu weniger hitzebedingten Einsätzen als schon mal in früheren Jahren“, zog Monika Selbach, als Zugführerin des Schwesternhelferinnenzugs für den Sanitätsdienst im und um den Dom verantwortlich, eine zufriedene Bilanz.
Auch Kiliani-Manager Matthias Reichert blickte positiv auf das erste wieder ganz reguläre Kiliani seit Corona. „Es war eine harmonische Wallfahrtswoche. Bis auf das zweite Wochenende war das Wetter nicht zu heiß und insgesamt meist angenehm sonnig. Die Begegnungen auf dem Kiliansplatz wurden gerne angenommen. Es war nach den Coronajahren ein spürbarer Neuaufbruch.“
Nähere Informationen zur Kiliani-Wallfahrtswoche im Internet unter https://kilianibeilage.biwue.de/.
mh/sti/vpo (POW)
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