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Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann

beim Requiem für Philipp Freiherr von Boeselager am 8. Mai 2008 in der St. Laurentiuskirche in Ahrweiler

Einführung:

„Gott der Allmächtige, Herr über Leben und Tod, hat am Fest Christi Himmelfahrt, meinen geliebten Mann, unseren Vater, Großvater, Bruder und Schwager Philipp Freiherr von Boeselager … im 60. Jahr einer überaus glücklichen Ehe aus diesem Leben zu sich gerufen.“ Mit diesen Worten haben seine Witwe, Rosa-Maria Freifrau von Boeselager, und die engsten Familienangehörigen uns Nachricht vom Tode unseres lieben Verstorbenen gegeben.
In dieser Stunde, in der wir Tod und Auferstehung Jesu Christi vergegenwärtigen dürfen, übergeben wir ihn in die Hände des lebendigen Gottes.

Auf einem Grabstein in Corvey stehen neben den Geburts- und Sterbedaten die Worte:
Geboren um zu sterben – gestorben um zu leben.
Auch von unserem lieben Verstorbenen können wir in dieser Stunde sagen:
Philipp Freiherr von Boeselager wurde am 6. September 1917 in Heimerzheim geboren um zu sterben, und er starb am 1. Mai 2008 in Altenahr um zu leben.
Dass er am Fest Christi Himmelfahrt von Gott heimgerufen wurde, passt zu diesem aufrechten Mann, der den katholischen Glauben in seinem ganzen Leben zum Maßstab seines Denkens und Handelns gemacht hat.
So wollen wir seiner in diesem Requiem dankbar gedenken und der Liebe Gottes empfehlen. Er hat die letzte Lebensetappe vollendet und das Tor des Todes durchschritten. Wir sind noch auf dem Weg. Prüfen wir uns im Angesicht Gottes, wo wir stehen. Bitten wir den gerechten und barmherzigen Gott um Vergebung unserer Sünden und um sein Mitgehen.

Predigt:

Verehrte Rosa-Maria Freifrau von Boeselager, liebe Familie von Boeselager, liebe Mitbrüder, liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

In der Nacht auf Christi Himmelfahrt ist Philipp Freiherr von Boeselager im hohen Alter von 90 Jahren aus unserer empirisch erfahrbaren Schöpfungswelt in die uns im Glauben geoffenbarte Wirklichkeit Gottes, das Ewige Leben, hinübergegangen.
In wenigen Sätzen ist es nicht möglich das gefüllte Leben eines Menschen angemessen zu würdigen – erst recht nicht bei Philipp Freiherr von Boeselager, der – wie eine Zeitung treffend schrieb – als „lebensbejahende(r) und mit preußischer Disziplin ausgestatte(r) Rheinländer … während des Erzählens gern mit feinsinnigem Humor einen anti-preußischen Affekt kultivierte, in Opposition zu den Nationalsozialisten“ (Die Tagespost, 03. Mai 2008)

 In diesen Tagen zwischen dem Fest der Himmelfahrt Christi und dem Pfingstfest bitten wir verstärkt um den Heiligen Geist, damit er uns in die volle Wahrheit einführe und die Heilswege Gottes verstehen lehre. Baron Boeselager ist nun nicht mehr ein Suchender sondern ein Schauender. Er ist aus der Zeit des Hoffens in die erwartete Vollendung hinübergegangen – ein Schritt, den wir Christen mit aller Zuversicht gehen dürfen.

Der Satz auf dem Corveyer Grabstein: Geboren um zu sterben – und gestorben um zu leben, ist ein Kernsatz unseres christlichen Glaubens.

Wenn ein Mensch geboren wird, ist das einzig Sichere, das wir von ihm sagen können, dass er sterben wird. Dies ist eine Ur-erfahrung unseres menschlichen Lebens. Und doch haben wir Menschen uns letztlich nie damit abgefunden.
Immer wieder haben Menschen um Perspektiven gerungen, dieses Faktum zu hinterfragen. Allen Religionen gemeinsam ist die Hoffnung auf ein Weiterleben nach dem Tode – in welcher Vorstellung auch immer.

Wir Christen verkünden unsere Hoffnung aufgrund der Auferstehung Jesu Christi. Er ist der Heiland der Welt, der uns in seinem Liebestod am Kreuz von der Verfallenheit an den schrecklichen Tod befreit und in seiner Auferstehung auch uns die Todesgrenze überwinden lässt. Wäre Christus nicht auferstanden, wäre unser Glaube sinnlos.

So formulierte es schon der hl. Völkerapostel Paulus: „Wenn aber verkündigt wird, dass Christus von den Toten auferweckt worden ist, wie können dann einige von euch sagen: Eine Auferstehung der Toten gibt es nicht? Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos.“ (1 Kor 15,12-14)

Unser Glaube an die Auferstehung der Toten beschränkt sich nicht nur auf eine allgemeine Menschheitssehnsucht, nach dem Tode weiter zu leben, sondern auf das Zeugnis von Frauen und Männern, die dem Auferstandenen begegnet sind. Unsere Hoffnung richtet sich auf die Person Jesu Christi, dessen Lebenswerk durch die Sendung des Heiligen Geistes auch für uns verständlich wird.

Philipp Freiherr von Boeselager ist auf eine bestechende Weise ebenfalls ein Zeuge der Auferstehung Jesu.

In einem gläubigen Elternhaus als fünftes von zehn Kindern geboren und aufgewachsen, hat er im Jesuitenkolleg von Bad Godesberg eine sein Leben prägende katholische Schulbildung erfahren. Davon waren auch die Jahre der Wehrmacht, seine Zeit als Ordonnanzoffizier und die Vorgänge um den 20. Juli 1944 im Kontakt mit dem Widerstandskreis geprägt. In seiner „überaus glücklichen Ehe“, die mit 4 Kindern und 13 Enkeln gesegnet ist, war er der sichere Rückhalt und ruhende Mittelpunkt.

Zwei Ereignisse, die sein Leben entscheidend prägten, haben ihn Gott direkt und unmittelbar erfahren lassen.
Das eine Erlebnis war nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler. Er wurde in das Hauptquartier des Heeres befohlen. Er war sicher, dort verhaftet und umgebracht zu werden.
Auf der Zugfahrt dorthin fiel ihm sein Missale Romanum, das er immer bei sich hatte, aus seiner Aktentasche auf den Abteilboden. Es war beim Benedictus geöffnet. Sein Blick fiel als erstes auf die Zeile „ ut sine timore, de manu inimicorum nostrorum liberati, serviamus illi“ d.h. „dass wir, aus Feindeshand befreit, ihm furchtlos dienen“ . Daraufhin – sagte er – habe er gewusst, dass er gerettet sei, um Gott weiter zu dienen.

Das zweite Ereignis war ein Wunder in Lourdes, das ihn veranlasste, den Lourdes-Krankendienst aufzunehmen. Es war im Frühjahr 1948. Sein ehemaliger Regimentsarzt schrieb ihm, er solle mit dessen sterbenskranker Nichte nach Lourdes fahren.
Die evangelischen Eltern des Kindes hätten diesen Wunsch abgelehnt. Auch ihm kam diese Bitte äußerst ungelegen. Aber schließlich willigte er ein und begleitete das schon seit vielen Jahren bettlägerige und nicht ansprechbare Mädchen auf der ersten Pilgerfahrt nach Lourdes im Zug.

In Lourdes wurde das sterbenskranke Mädchen von Brancardiers abgeholt, ohne dass er wusste, wohin man sie bringen würde. Als er eines Tages vor den Bädern stand – so berichtete er wörtlich: „…öffnete sich plötzlich der Vorhang vor einem der Bäder und auf einer Trage sitzend wurde ‚mein’ Mädel heraus geschoben.
Sie hatte einen richtigen Nimbus um den Kopf und ich erstarrte. Das konnte doch nicht die sein, mit der ich nach Lourdes gefahren war. Sie saß hier auf der Trage und bewegte Kopf und Beine.“ (Redigierte Fassung eines Vortrages von Bailli Philipp Freiherr von Boeselager im Früjhar 1997: Lourdes und seine Bedeutung für uns Malteser.)

Das Mädchen wurde von den Brancardiers in das Hospital ‚Asyle’ gebracht, und da es Mittagszeit war, bekam es normale Kost zu essen. Baron Böselager suchte den Arzt, der der Onkel des Kindes war, auf und berichtete ihm von der plötzlichen Heilung. Natürlich wollte er dies auch nicht glauben. Zuerst ganz verstört, überzeugte er sich persönlich von der wunderbaren Heilung seiner Nichte.

Auch Philipp von Boeselager war zunächst verstört. Dann aber begann er zu begreifen. Er schrieb: „In Lourdes lernte ich verstehen, weshalb die Wunder des Herrn so wenig bewirkt haben. Viele hatten doch die Wunder des Herrn erlebt, aber nur Maria und Johannes standen unter dem Kreuz und gaben Zeugnis für Christus.
Der Mensch, das wurde mir in diesen Tagen in Lourdes klar, ist nicht imstande, die volle Gegenwart Gottes zu ertragen. So wie Moses vor dem brennenden Dornbusch sein Haupt verhüllen musste, weil ihn sonst die Gegenwart Gottes vernichtet hätte, so ist der Mensch nicht imstande, das Eingreifen Gottes in den gewohnten Ablauf der Natur zu ertragen.“ (Ebd.)

Dieses „Mosesartige“ Wunder hat ihn tief geprägt und bewegt, als Mitglied des Vorstandes des Malteser Ritterordens für die Begleitung der Krankenwallfahrten nach Lourdes und die dortige Arbeit mit den Kranken zu sorgen.

Wer ihn auf einer seiner zahlreichen Lourdeswallfahrten erlebt hat, weiß, dass er aus ganzem Herzen in jedem konkreten Kranken Jesus Christus selbst begegnete und IHM diente. Nur so vermochte er, auch viele junge Menschen für diesen Liebesdienst zu gewinnen.

Liebe Schwestern und Brüder,
in der heutigen Tageslesung aus der Apostelgeschichte wird uns berichtet, dass der hl. Paulus wegen seiner Lehre von der Auferstehung Jesu Christi von den Toten ins Gefängnis geworfen und vor den Hohen Rat gezerrt wurde. Als der Oberst fürchtete, die Menge könnte den hl. Paulus zerreißen, ließ er ihn in die Kaserne bringen. Dort hörte Paulus, wie der Herr zu ihm sagte: „Hab Mut! Denn so wie du in Jerusalem meine Sache bezeugt hast, sollst du auch in Rom Zeugnis ablegen.“ (Apg 23,11)

Unser lieber Verstorbener, der zeit seines Lebens an die Auferstehung geglaubt und sie in Wort und Tat bezeugt hat, steht gerade auch jetzt für diese froh machende Botschaft ein. Auch er hatte nach dem gescheiterten Attentat auf dem Weg in das Hauptquartier des Heeres den Vers aus dem Lobgesang des Zacharias als direkte Anrede des Auferstanden und als Ermutigung verstanden, sich für diesen Glauben einzusetzen.
Er hat es bis zum letzten Atemzug getan.
Sein großes Vermächtnis ist die Beherzigung aus der Abschiedsrede Jesu: „Gerechter Vater, die Welt hat dich nicht erkannt, ich aber habe dich erkannt, und sie haben erkannt, dass du mich gesandt hast.
Ich habe deinen Namen bekannt gemacht und werde ihn bekannt machen, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen ist und damit ich in ihnen bin.“ (Joh 17,25f.)

Ich bin mir gewiss, dass der Auferstandene nun zu ihm sagt: „Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen, ich will dir eine große Aufgabe übertragen. Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn.“ (Mt 25,21)

Amen.