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„Christus gibt sich uns zur Speise“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann am Hochfest Fronleichnam, 26. Mai 2016, im Würzburger Kiliansdom

Liebe Schwestern und Brüder,

„Kommt und seht! – Gott ist die Liebe.“

Es gibt nur wenige Feste im Laufe des Kirchenjahres, an denen wir Christen auf die Straße gehen und unseren Glauben öffentlich bekennen. Ein solches Fest ist der heutige Fronleichnamstag, das heißt Tag des Herrenleibes, Tag der heiligen Eucharistie.

Dieser Feiertag geht auf die Religiose Juliana von Lüttich zurück, die in einer Vision auf das Fehlen eines besonderen Festes der Verehrung Jesu Christi im Altarssakrament hingewiesen wurde. Ihr ist es zu verdanken, dass der Lütticher Bischof Robert 1246 das Fronleichnamsfest für seine Diözese und Papst Urban IV. dieses Fest 1264 für die ganze Kirche eingeführt hat.

Es geht dabei nicht nur um die dankbare Erinnerung an die Einsetzung der Eucharistie, sondern auch um die Bekräftigung unseres Glaubens an die Realpräsenz Christi in den Gestalten von Brot und Wein. Dieses Fest ruft uns gleichsam zu: „Kommt und seht! – Gott ist die Liebe.“ Wir werden eingeladen, den in den eucharistischen Gestalten gegenwärtigen Herrn zu verehren und zu bekennen.

Das ist gar nicht so einfach, denn unbeteiligte Zuschauer sehen im Zentrum der Monstranz nur ein Stückchen Brot. Wir aber bekennen: Es ist der Herr! Dem Verstand entzieht sich dieser Glaube, und doch ist es vernünftig, an die reale Gegenwart des Herrn in dieser Brotsgestalt zu glauben. Warum?

Nach der Wandlung ruft der Diakon der Gemeinde zu: „Geheimnis des Glaubens“. Er macht damit deutlich, dass der Vorgang der Wandlung von Brot und Wein in Jesu Fleisch und Blut ein Geheimnis bleibt, so wie Gott selbst Geheimnis ist und nicht entschlüsselbar wird. Was wir von Gott sagen können, lässt sich nur durch die Spuren seiner Gegenwart in der Schöpfung erschließen und durch seine Selbstoffenbarungen erkennen. Aber ein Geheimnis bleibt es auch weiterhin. So wie wir ständig von der Liebe sprechen und sie doch nicht ergründen können, bekennen wir Gott und können ihn doch nicht erfassen. Gott und Liebe sind zwei synonyme Begriffe. Sie sind austauschbar, Voraussetzung für jedes Leben und Schlüssel zur Sinnfindung.

Das Geheimnis der Eucharistie ist nicht auf das Geschehen im Abendmahlssaal zu reduzieren. Es verweist zunächst auf das Geheimnis der Menschwerdung des Sohnes Gottes zurück. Der verstorbene Kardinal Scheffczyk hat in seiner letzten öffentlichen Predigt dazu gesagt: „Es gäbe keine Eucharistie, wenn Gott nicht Mensch geworden wäre und als Mensch nicht Kreuz und Auferstehung erfahren hätte. Aber die Menschwerdung Gottes, welche alle Räume und Zeiten der Welt erfasste, konnte kein kurzlebiges, momenthaftes Geschehen in der Welt bleiben. Sie sollte der Welt erhalten bleiben. So ist das Sakrament des Altares eigentlich nur die weisheitsvolle Fortsetzung der Menschwerdung des Sohnes Gottes, der verheißen hat, dass Er bei uns bleiben werde bis zur Vollendung der Welt.“

Das allerheiligste Altarsakrament verweist darüber hinaus in das Mysterium des dreifaltigen Gottes zurück, der in sich lebendiger Liebesaustausch ist und durch den Heiligen Geist sowohl Schöpfung ermöglicht als auch die Wandlung von Brot und Wein in das Fleisch und Blut Jesu Christi. Andererseits verweist das Sakrament der Eucharistie auch auf die Vollendung unseres Lebens in Gott hin, in der alle Schleier fallen und wir nicht mehr glauben, sondern schauen werden.

Aber selbst die Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Jesu Christi ist schon ein Zeichen der endgültigen Verklärung, da irdische Materie – wie Kardinal Scheffczyk sagte – „in die vergeistigte, himmlische Seinsweise Jesu Christi überführt wird“.

In der heiligen Eucharistie kommt uns der ewige, allmächtige, unauslotbare Gott so nahe, dass wir Ihn in seinem Sohn Jesus Christus als das lebendige Brot sehen und berühren können. Was für eine Liebe! Gerade in diesem besonderen Jahr der Barmherzigkeit verweist uns dieses Sakrament auf die innigste und intime Liebe Gottes zu uns. Denn Christus verleiblicht sich nicht nur in der Brotsgestalt, sondern er gibt sich uns zur Speise. Wir dürfen ihn in uns aufnehmen – kommunizieren. Das ist wohl die dichteste Weise menschlicher Gemeinschaft, die sich denken lässt. Sie verdient deshalb größte Ehrfurcht und demütigen Respekt.

Es war Thomas von Aquin, der unvergleichliche Schöpfer herrlicher eucharistischer Lobgesänge, der darauf hingewiesen hat, dass in der heiligen Kommunion Christus sich in unser eigenes Leben hinein verleiblicht. Das Sakrament der Eucharistie ist das einzige Sakrament, in dem uns Christus nicht nur berührt, sondern sich in unser Leben hinein verschenkt – und uns in sich. Der heilige Augustinus sagte deshalb: „Empfangt, was ihr seid: Leib Christi, damit ihr werdet, was ihr empfangt: Leib Christi.“

Darüber nachzudenken kann einem die Sprache verschlagen und den Hinweis „Geheimnis des Glaubens“ mit neuer Kraft erfüllen.

So wollen wir heute in der Prozession durch unsere Stadt öffentlich unseren Glauben an dieses Geheimnis bekennen, in dieser schwierigen Zeit den Segen Gottes auf unser Bistum herabflehen und unsere Mitmenschen einladen: „Kommt und seht! – Gott ist die Liebe.“

Amen.