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„Die Wurzeln unseres Glaubens“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann zur Eröffnung der Kilianioktav am Samstag, 6. Juli 2013, im Würzburger Kiliansdom

Es ist wieder soweit, liebe Schwestern und Brüder, mit dem heutigen Abend beginnt die Festwoche zum Gedenken an unsere Frankenapostel. Das Jahresleitthema für unser Bistum Würzburg galt erst recht für sie: Dein Angesicht, Herr will ich suchen!

Um dies zu tun sind sie im siebten Jahrhundert von ihrer Insel auf das Festland gereist, haben Familie, Freunde und Heimat verlassen, die eigenen Interessen zurückgestellt und ihr ganzes Leben dem missionarischen Auftrag untergeordnet. Sie haben persönliches Wohlergehen aufgeopfert und im Vertrauen auf Gottes Liebe alles gewagt. Sie haben schließlich ihr Leben für das Leben der ihnen Anvertrauten hingegeben.

Bei so viel Aufmerksamkeit, die sie erfahren haben, ranken sich auch Sagen und Legenden um ihr Lebenswerk. Man darf aber nicht – wie so oft auch in jüngster Zeit geschehen – aus heutiger Sicht historisch nicht einwandfrei belegbare Überlieferungen einfach in das Reich der Sagen und Legenden abtun. Der Schriftsteller Georges Bernanos sagte treffend: „Legenden geben abgründige Wirklichkeiten gleichnishaft wieder.“

Unsere Quelle für das christliche Franken sind das Grab von Sankt Kilian, Sankt Kolonat und Sankt Totnan, der Ort, wo ihre Gebeine auf den Glauben an die Auferstehung verweisen. So halten ihre Reliquien wie die Gebeine aller Heiligen, die in Altären, Schreinen oder kostbaren Gefäßen geborgen sind, bleibend die Frage nach dem Wohin des Menschen wach. Ihre Gebeine sind ein unvergleichlich wertvoller Schatz, denn sie sind gleichsam ein Stück eschatologischer Neuschöpfung mitten unter uns. Sie verweisen greifbar auf die für uns noch ausstehende Neuschöpfung.

Im Grunde leben wir immer in einer Spannung des „schon“ und „noch nicht“. Einerseits ist das Reich Gottes unter uns schon gegenwärtig und andererseits muss es sich doch noch erst entfalten.

Zum einen greift die Erlösungswirklichkeit in unser Leben ein, zum anderen muss sie sich erst noch bewähren. Als Christen leben wir schon in der Gnade, d.h. wir haben durch die Taufe den „alten Menschen abgelegt“ und den „neuen Menschen“ angezogen – und dennoch tragen wir – wie die Heilige Schrift sagt – „das kostbare Gut in zerbrechlichen Gefäßen“.

Während wir noch das Angesicht Gottes suchen, haben die Heiligen dieses Ziel schon erreicht und leben in der Anschauung Gottes.

Die Reliquien von Kilian, Kolonat und Totnan überdauerten bisher alle Zeiten, Moden und politische Umbrüche. Ihre Verehrung ist seit dem 19. Jahrhundert sogar nochmals nach dem Verlust der Eigenstaatlichkeit durch die Säkularisation angewachsen. In der Schreckenszeit des Nationalsozialismus halfen sie bei der Identitätsstiftung der Christen mit zum Widerstand. Die Kilianiwallfahrt gehört daher zu den Höhepunkten unseres kirchlichen Jahres in Würzburg. 

Der heilige Kilian ist nicht nur das Herz Würzburgs, sondern ihm verdanken sich gleichsam auch die Stadt und das Bistum Würzburg. Der erste Würzburger Bischof Burkard ließ 743 die Gebeine erheben und auf den Marienberg bringen.

So wurden – wohl unter Beteiligung von Karl dem Großen – am Ende des achten Jahrhunderts – am 8. Juli 787 oder 788 – die Gebeine von Sankt Kilian, Kolonat und Totnan von der Marienfestung in die Stadt an den Ort des Martyriums und des ersten Begräbnisses überführt. Die Bedeutung, die selbst Karl der Große den Frankenaposteln beimaß, erkennt man daran, dass sie neben Bonifatius die einzigen Heiligen des rechtsrheinischen Reichsgebietes im Festkalender waren.

Den Grund für die ihr ganzes Leben auf den Kopf stellenden Entscheidung, als Missionare aufzubrechen, finden wir dokumentiert in der früh nach ihrem Martyrertod aufgeschriebenen passio minor. Dort heißt es im 2. Kapitel:

„Nun begab es sich aber, dass eines Tages an…Kilian  durch das Evangelium gleichsam als der Stimme des Herrn eine Mahnung erging, durch die Stelle: ‚Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.’ (Lk 9,23)Der hochselige Mann, total im Herzen und im Geist davon ergriffen, erwog diese Worte. Er sammelte seine Gefährten und Schüler um sich, nämlich die Presbyter Colonat, Gallo und Arnuval, sowie Diakon Totnan, denen sich noch andere anschlossen, und begann sie zu überzeugen, das Eigentum zu verachten und gemäß dem Evangelium des Herrn Vaterland und Eltern zu verlassen und ohne alles Christus nachzufolgen.“

Unser öffentliches Bekenntnis und der damit sichtbare Verweis auf die Wurzeln unseres Glaubens im Frankenland helfen vielleicht auch anderen, sich neu dieses großen Geschenkes bewusst zu werden und mit uns das Antlitz des Herrn zu suchen. Amen.