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„Gott bleibt Herr der Geschichte“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann in der Wallfahrtskirche Maria Ehrenberg am Vorabend Maria Himmelfahrt, 14. August 2014

Lieber Herr Dekan Krammer, liebe Mitbrüder,
liebe Pilgerinnen und Pilger, liebe Schwestern und Brüder,

es ist eine gute Tradition, dass am Vorabend des Festes Maria Himmelfahrt, die Wallfahrt nach Maria Ehrenberg begonnen wird. Auch Sie haben sich heuer wieder zahlreich eingefunden und führen damit eine Tradition fort, die mindestens seit 1522 begonnen hat. Dieser Anfang inmitten der Wirren der Reformation – zumal mit dem Wittenberger Bildersturm im Jahre 1522 – dürfte wohl einmalig sein.

Verehrt wird Maria als Mutter der Barmherzigkeit. Aber während normalerweise diesem Wallfahrtsanliegen eine Pietà-Darstellung – das heißt Maria mit ihrem toten Sohn auf dem Schoß – vorgegeben ist, wird hier das Gnadenbild ‚Maria Ehrenberg’ als sitzende Madonna mit dem Jesuskind verehrt.

Im heutigen Festgeheimnis, der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel, feiern wir zugleich mit der Krönung Mariens auch unsere noch erhoffte Vollendung im Himmel. In Maria, der Mutter der Barmherzigkeit,  ist schon vollendet, was uns noch erwartet.

Woher können wir diese Gewissheit nehmen? Woher wissen wir, dass wir keinem frommen Wunschdenken hinterherlaufen, das sich schließlich doch noch als Fata Morgana entpuppt?

Mir scheint bei vielen unserer Zeitgenossen diese Skepsis zu überwiegen. Was können wir verantwortbar darauf erwidern? Sind wir nicht auch Menschen unserer Zeit? Folgen wir einmal in aller gebotenen Kürze den Fakten unseres Glaubens an die Auferstehung Jesu. An seiner Auferstehung hängt unser Glaube an die allgemeine Auferstehung der Toten:

Der heilige Paulus listet in seinem Brief an die Korinther das Kernthema unseres Glaubens penibel sauber auf:

Er ist am dritten Tage auferweckt worden, gemäß der Schrift, und erschien dem Kephas (Petrus), dann den Zwölf. Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen. Danach erschien er dem Jakobus, dann allen Aposteln. Als Letztem von allen erschien er auch mir, dem Unerwarteten, der ‚Missgeburt’. Denn ich bin der geringste von den Aposteln; ich bin nicht wert, Apostel genannt zu werden, weil ich die Kirche Gottes verfolgt habe.“ (1 Kor 15,4-9)

Es sind gerade einmal 20 Jahre nach dem Ostergeschehen vergangen, als Paulus dies schreibt. Es ist das Jahr 53. Das Zeugnis der Frauen erwähnt Paulus nicht, weil es wohl vor Gericht geradezu kontraproduktiv hätte sein können. Aber er wusste, dass ihr Zeugnis wahr war – ist ihm doch selbst der Herr als Auferstandener erschienen. Für diese Wahrheit war er bereit, in den Tod zu gehen.

Aber auch die Frauen und Männer, die dem Auferstandenen vom Ostersonntag an als dem Lebendigen begegnet sind, haben ihre Familien, ihre Heimat, ihr bisheriges Leben aufgegeben und sind in die damalig bekannte Welt hinausgezogen, um diese Frohe Botschaft mit dem ganzen Einsatz ihres Lebens zu verkünden. Von Halluzination, von Massensuggestion kann dabei wirklich keine Rede mehr sein.

Wenn aber Christus auferstanden ist, dann machen seine Äußerungen zu unserer Auferstehung Sinn. Ich habe einmal in der Heiligen Schrift die Stellen zusammengezählt, die von der Auferstehung der Toten sprechen. Es sind insgesamt 39 – ohne die Parallelstellen.

Nun ist Maria, die Mutter Gottes, der erste Mensch, von dem wir mit Sicherheit sagen dürfen, dass er die Voraussetzungen für das Ewige Leben erfüllt. Papst Benedikt XVI. hat in seiner Angelusansprache am 51. August 2007 wörtlich gesagt:

Heute feiern wir das Hochfest der Aufnahme der seligen Jungfrau Maria in den Himmel. Es handelt sich um ein altes Fest, dessen Fundament letztendlich in der Heiligen Schrift gründet: diese nämlich spricht von der Jungfrau Maria in inniger Verbundenheit mit dem göttlichen Sohn und stets einig mit ihm. Mutter und Sohn erscheinen im Kampf gegen den teuflischen Feind bis zum vollen Sieg über ihn eng miteinander vereinigt. Dieser Sieg kommt im Besonderen in der Überwindung der Sünde und des Todes zum Ausdruck, das heißt in der Überwindung jener Feinde, die der heilige Paulus immer in Verbindung miteinander darstellt. Wie die glorreiche Auferstehung Christi das endgültige Zeichen dieses Sieges war, so bildet die Verherrlichung Mariens auch in ihrem jungfräulichen Leib die letzte Bestätigung ihrer vollen Solidarität mit dem Sohn, im Kampf wie im Sieg.“

Das von Papst Pius XII am 1. November 1950 feierlich verkündete Dogma von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel fasst den über Jahrhunderte fest geglaubten Inhalt der Lehre über Maria, die Mutter Gottes, zusammen. Maria ist der einzige vollkommene Mensch, der ohne jede Erbsünde empfangen, sündenlos bis in den Tod geblieben ist, und deshalb auch die Folgen der Sünde, den ewigen Tod, nicht zu fürchten brauchte. In ihr ist das von Gott für uns alle vorgesehene Heilsgeschehen schon zur Vollendung gekommen. Deshalb dürfen wir sie auch als Königin des Himmels und der Erde, als unsere Fürsprecherin anrufen.

Während hier auf dem Ehrenberg Maria als liebevolle Mutter mit ihrem göttlichen Sohn verehrt wird, so besitzt sie doch auch hier eine kosmologische Dimension. Im 12. Kapitel der Offenbarung des Johannes wird das hinter kargen Worten und Fakten sich abspielende Drama der Weltgeschichte flammend in den Blickpunkt gestellt. Die beiden sich widersprechenden Mächte, die mit der Sonne bekleidete Frau, die ein Kind gebären soll, wird vom geifernden, siebenköpfigen Drachen, dem Satan, bedroht.

Dies ist ein Bild für die jungfräuliche Himmelskönigin und den durch die Weltgeschichte mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln kämpfenden Drachen. Er verfolgt und kämpft gegen diese apokalyptische Frau und ihre Kinder, die Christen solange diese Welt bestehen wird.

Viele Male ist dieses im kosmischen Zusammenhang stehende Geschehen von Künstlern aufgegriffen und dargestellt worden. Darin wird die ganze gefährdete Situation unserer Lebenszeit, die sich gerade wieder in den schrecklichen Vorgängen und Kämpfen im Irak, in der Ukraine, im Nahen Osten, in Libyen und einigen afrikanischen Staaten abspielt, ins Bewusstsein gehoben.

Aber angesichts dieses Elends und der uns manchmal ausweglos erscheinenden Situationen braucht uns angesichts des heutigen Festes nicht bange zu sein. Gott bleibt Herr der Geschichte.

Zwar hat Jesus den schrecklichen Tod am Kreuz erlitten – freiwillig und zu unserem Heil, aber Gott hat ihn nicht im Tode belassen, sondern ihn am dritten Tage von den Toten auferweckt.

Zwar hat Maria die von Simeon angekündigten sieben Schmerzen durchlitten, aber sie hat ohne jede Unterbrechung die Vollendung in der Herrlichkeit Gottes erreicht. So wird sie für uns zum Zeichen der Hoffnung und des Sieges.

Durch sie darf uns klar werden, dass Gott auch uns nicht den Mächten Satans zum Tode ausliefert, sondern dass er uns einen hoffnungsvollen Weg in seiner Herrlichkeit gebahnt hat. Danken wir ihm am heutigen Festtag und lassen wir die Freude darüber in uns groß werden.

Sehr schön ist in der von Alfred Saam verfassten Schrift zu diesem Wallfahrtsort Maria Ehrenberg eingefügt:

Wenn die Wallfahrer der Pfarrei Burkardroth und Umgebung auch zukünftig am jeweiligen Fest Maria Himmelfahrt wieder zum Maria Ehrenberg kommen, um ihre alljährliche Wallfahrt durchzuführen, so wollen sie nicht nur den Brauch aus dem Jahre 1920 fortführen und für ihre persönlichen Sorgen und Nöte beten. Sie alle wissen, dass jeder Mensch ein Kreuz zu tragen hat, weil ein vollkommenes Glück für Menschen nicht geschaffen ist. Nein, sie pilgern von Maria Ehrenberg in ihre Heimat, um ein Bekenntnis des christlichen Glaubens abzulegen und um unserer Mutter Gottes eine menschlich bescheidene Verehrung darzubringen. Möge dieser wunderschöne christliche Brauch noch lange erhalten bleiben und von ihren Nachkommen weitergeführt werden.“

Dem kann ich nur zustimmen. Amen.