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„Heiliger Geist ist Quelle allen Lebens und Liebens“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann beim Pontifikalamt zum Mozartfest & 700 Jahre Bürgerspital, 26. Juni, im Würzburger Kiliansdom

Liebe Schwestern und Brüder,

am heutigen Sonntag fassen wir zwei sehr unterschiedliche Ereignisse zusammen: das 700. Stiftungsjubiläum des Bürgerspitals und das Mozartfest. Auf den ersten Blick scheinen diese beiden Ereignisse sehr weit auseinander zu liegen. Auf den zweiten Blick sieht das schon ganz anders aus.

Die Stiftung Bürgerspital zum Heiligen Geist gehört nicht nur zu den ältesten Stiftungen in Deutschland, sondern sie hat ihren Gründungszweck bis heute nicht aus den Augen verloren. Von ihrem Gründungsdatum 1316 an hat sich die durch das Patrizierehepaar von Steren ins Leben gerufene Stiftung für pflegebedürftige Menschen bis heute im Bürgerspital erhalten.

Schon damals war die Nachfrage nach Armen-, Siechen- und Altersversorgung groß. Pest und Lepra wüteten im Spätmittelalter. Und oft genug wurden solche Erkrankten von ihren Familien im Stich gelassen. Das Stifterehepaar bemühte sich dabei nicht nur um konkrete Hilfe in Pflege und Betreuung Bedürftiger, sondern es regte auch weitere Schenkungen Würzburger Mitbürger mit Erfolg an.

Die Liegenschaften und Weinberge des Bürgerspitals, die zur Aufrechterhaltung des Stiftungszweckes notwendig sind, haben es trotz aller Kriege und gesellschaftlichen Entwicklungen möglich gemacht, dass der Stiftungszweck durch alle Jahrhunderte erfüllt werden konnte. In unserer Zeit kamen sogar noch der Bau von Senioreneinrichtungen und die bayernweit erste Einrichtung für geriatrische Rehabilitation, der Ursprung des heutigen Geriatriezentrums, hinzu.

Gerade der menschenwürdige Umgang mit alten Menschen ist für unsere Zeit eine große Herausforderung und muss neben dem Schutz des ungeborenen Lebens, der Sorge um sozial Schwache in unserer Gesellschaft und dem aus christlichem Geist gestalteten Umgang mit den Flüchtlingen und Asylsuchenden ganz oben stehen. So wird auch die Ausbildung zur Alten- und Krankenpflege und deren Berufsbild von christlichen Werten geprägt bleiben müssen. Nicht vergessen dürfen wir die rund 500 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die sich auch ‚Bürgerspitäler’ nennen, und die knapp 150 ehrenamtlichen Helfer, die sich teilweise dankenswerterweise schon über Jahrzehnte als Betreuer einbringen. Sie selber sagen von sich: „Es ist ein gemeinsames Gestalten, Lachen, Diskutieren, Kämpfen, Hinfallen und Wieder-Aufstehen, um daraus zu lernen und besser zu werden.“ Sie sind bemüht, fürsorglich und aufmerksam einen respektvollen Umgang mit den ihnen anvertrauten Bewohnern und Patienten zu pflegen.

Was hat dies alles aber mit dem Mozartfest und der damit verbundenen Musik zu tun?

700 Jahre Bürgerspital heißt: 700 Jahre Stiftung Bürgerspital zum Heiligen Geist. Der Heilige Geist ist der Motor dieser Stiftung. Auch wenn heute umgangssprachlich lediglich vom „Bürgerspital“ die Rede ist, ist er doch im Wappen durch die Taube symbolisch dargestellt. So wie der Heilige Geist als der lebendige Liebesaustausch in der göttlichen Dreifaltigkeit erkannt wird, so ist er die Quelle allen Lebens und Liebens. Er ist ebenso der Motor christlichen Denkens und sozialen Handelns als auch der Inspirator allen künstlerischen Schaffens. Jegliche wirkliche Kunst und erst recht auch die Musik leben von der Inspiration von dem Geistgeschenkten, das dem Menschen von Gott aus zufällt und das er sich selbst nicht zu geben vermag.

Selbst der sehr kritisch eingestellte Musikwissenschaftler Professor Hans Heinrich Eggebrecht sagte gegen Ende seines Lebens über die Musik: „... je mehr ich (von Bach) wissen wollte und das Wissen auch anderen zu vermitteln suchte, desto deutlicher erkannte ich, dass bei aller Wissenssuche ein Rest bleibt, den das Wissen nicht erreichen kann. Und je älter ich wurde, desto größer wurde dieser Rest und desto klarer wurde mir, dass in ihm, in diesem nicht erreichbaren, die Hauptsache gelegen ist, das Wichtigste und Wesentliche.“

Die Musik, die wir im Gottesdienst und auch heute in diesem Pontifikalamt hören, hat einen hohen Stellenwert in der Kirche. Sie ist von Anfang an nicht nur als schmückendes Dekor, als Beiwerk, als eine Überhöhung der Feier gesehen worden, sondern als ein Bestandteil der Liturgie. Gerade die Musik vermag den Menschen in seinem Innersten zu berühren und über sich selbst hinaus zu heben. Zugleich aber hat die Musik im Gottesdienst die Möglichkeit, den Bogen zwischen der unsichtbaren himmlischen und der sichtbaren und hörbaren irdischen Musik zu schlagen. Wenn in der Heiligen Schrift von der himmlischen Liturgie die Rede ist, dann doch vornehmlich im Zusammenhang mit der Musik.

Die Musik ist so etwas wie eine geistige Jakobsleiter. Sie verbindet die sichtbare, empirisch erfahrbare, geschöpfliche Wirklichkeit mit der uns im Glauben verkündeten und erschlossenen Realität Gottes. Sie ist damit auch eine Jakobsleiter zwischen Vernunft und Glaube, zwischen materieller und geistiger Wirklichkeit. Das scheint mir das Geheimnis von Musik zu sein: Sie stammt letztlich aus der Schöpferkraft Gottes, dem Wirken des Heiligen Geistes und bringt unsere Seele zum Klingen. Damit schenkt sie uns eine Ahnung von Unendlichkeit, ja Ewigkeit.

Die von Wolfgang Amadeus Mozart 1779 in Salzburg komponierte Missa in C-Dur, die auch „Krönungsmesse“ genannt wird, und die in dieser heiligen Messe erklingt, vermag uns dies bestens zu bestätigen. Die Komposition besteht aus sechs sinfonischen Elementen, die eine klare Trennung von Solo- und Chorstimmen erkennen lässt und in der Vielfalt der eingesetzten musikalischen Möglichkeiten uns in eine Weite der Gottesverehrung führt, die uns im Innersten erreicht.

Der Heilige Geist inspiriert und treibt uns zum Guten an. Er ermöglicht sowohl kreativ künstlerisches Schaffen als auch soziales Engagement. Möge uns auch weiterhin der Heilige Geist im Denken und Handeln erfüllen, damit wir als Christen in dieser Zeit unseren Auftrag wahrnehmen und beherzt erfüllen, denn wir sind zur Nachfolge Jesu und damit zur Freiheit berufen.

Amen.