Lieber Herr Prälat Piendl und lieber Pfarrer Vollmuth, sehr verehrte Frau Meier-Pojda, verehrte liebe Schwestern und Brüder,
Ihre heutige bayerische Landestagung im Kloster Himmelspforten hat zum Thema: „Frauenleben – Erwartungen, Wirklichkeit und Perspektiven.“ Es ist faszinierend zu sehen, dass Sie ebenso viele berufliche wie ehrenamtliche Mitarbeiterinnen im Landesverband Bayern haben (nämlich jeweils 1123) aber noch mehr ordentliche oder fördernde Mitglieder (10.000). Schon über 100 Jahre arbeitet der Sozialdienst katholischer Frauen im Sinne von ihrer Gründerin Agnes Neuhaus (1854-1944) und schenkt Beratung und Hilfe bei Prävention und Krisenintervention. Außerdem leisten Sie Hilfe zur Selbsthilfe, ermöglichen langfristige Begleitung und vermitteln praktische und finanzielle Hilfen. Damit leistet Ihr Verband eine wertvolle Arbeit in der Bewältigung zahlreicher Nöte und Krisen. Gerade die Anfragen und Nöte von Frauen ist Ihnen ein Herzensanliegen, das Sie heute auch im Tagungsthema aufgreifen.
Sie haben Rut, eine der großen alttestamentlichen Frauengestalten, bewusst als Lesungstext gewählt. Sie war eine Moabiterin, die nach dem Tode ihres Mannes, der aus Betlehem stammte, bei ihrer Schwiegermutter Noomi blieb und Boas, einen Verwandten ihres ersten Mannes (konform zum Leviratsgesetz) heiratete. Aus dieser Ehe stammte Obed, der Großvater Davids, den wir wiederum als Stammvater Jesu Christi ehren.
Ruts Geschichte zielt darauf ab, deutlich zu machen, dass das Vertrauen auf Gott sich durch die Prüfungen des Lebens bewährt und von Gott belohnt wird. Ruts Liebe auch zu ihrer Schwiegermutter ist anrührend und zeugt von einer inneren Größe. Während ihre Schwägerin dem Rat der Noomi folgte und zu ihrem Volk heimkehrte, blieb Rut bei ihrer Schwiegermutter. Anrührend ist die Antwort Ruts an ihre Schwiegermutter:
„Dränge mich nicht, dich zu verlassen und umzukehren. Wohin du gehst, dahin gehe auch ich, und wo du bleibst, da bleibe auch ich. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe auch ich, da will ich begraben sein.“ (Rut 1,16.17) Und sie zogen beide nach Betlehem.
Hier wird eine menschliche Zuneigung von Schwiegermutter zu Schwiegertochter und umgekehrt – man kann auch sagen eine Liebe zwischen den Generationen – so anrührend geschildert, dass sie bis heute die Herzen anrührt. Professor Ettl hat in der Heilig-Geist-Kirche in Neuß dieser Ruth in seiner Wandmalerei ein bleibendes Denkmal gesetzt.
Das heutige Evangelium verweist uns auf den hin, der laut Aussage des Buches Rut, aus ihrer Nachkommenschaft stammt: Jesus. In der Bildrede, die Jesus im so eben gehörten Evangelium gebraucht, bezeichnet er sich als die Tür zu den Schafen.
Sowohl am Pfingsttag als auch in seinem ersten Brief spricht der heilige Petrus glühend von der Person Jesu Christi. Während er die brenzlige Situation anspricht, dass seine Zuhörer ja die öffentliche Hinrichtung Jesu miterlebt oder gar mitverschuldet hatten, ruft er sie auf, an Jesus Maß zu nehmen und zu ihm – wörtlich – „zum Hirten und Bischof eurer Seelen“ (1 Petr 2,25) heimzukehren.
Papst Franziskus hat davon gesprochen, dass auch die heutigen Hirten den Stallgeruch der Schafe haben müssten, den Jesus gehabt habe. Er, der uns den ganzheitlichen Weg zur vollen Menschwerdung eröffnet hat, ist auch heute derjenige, der die richtigen Maßstäbe für unser Denken und Handeln bereithält.
Jesus vergleicht sich im heutigen Evangelium mit der Tür zu den Schafen und urteilt scharf: „Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe.“ (Joh 10,1,2).
Uns Heutigen mag die Bildrede vom Hirt und der Herde antiquiert vorkommen. Zur Zeit Ruts und erst recht auch zurzeit Jesu waren bei einem Hirtenvolk diese Bezeichnungen durchaus üblich. Die eigentliche Aussage heißt: „Es gibt keine Offenbarung, keine rettende Wahrheit und keinen Heilsweg außer Jesus.
Ein ungeheurer Anspruch. Wo es Leben gibt, kommt es durch ihn: Wo die Wahrheit Gottes den Menschen trifft, ist sie an der Stimme Christi zu erkennen. Wer in der Gemeinde und überhaupt vor den Menschen als Führer, Lehrer und Heilbringer auftritt, steht im Dienst und unter dem Gericht des ‚guten Hirten’.“ (Schott, Wochentage 1, 534)
Das gilt auch für den SkF. Sie leisten nicht nur soziale Hilfe, sie verkünden durch Ihr Tun die Botschaft Jesu Christi. Ihr Zeugnis ist oft der Rettungsanker für die Menschen, mit denen Sie zusammenkommen. Papst Paul VI. sagte 1975 – und das gilt ungeschmälert auch für heute: „Der heutige Mensch hört lieber auf Zeugen als auf Lehrer. Wenn er auf Gelehrte hört, dann, weil sie Zeugen sind.“ So möchte ich Ihnen am heutigen Tag danken für Ihre Arbeit, Ihren Einsatz, Ihr Glaubenszeugnis. Möge der Heilige Geist Ihr ständiger Wegbegleiter sein und Ihre Überlegungen und Handlungen leiten, gerade auch bei dieser Tagung und in Ihren Aktionen für das Leben und den Schutz des Lebens im Kontext der Schwangeren- und Familienhilfe. Amen.