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„Jesu Liebe konkret umsetzen“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann am Montag, 7. September, im Neumünster anlässlich des Kongresses der Moraltheologen und Sozialethiker

Sehr geehrter Herr Professor Ernst,
liebe Mitbrüder,
liebe Schwestern und Brüder im Herrn,

in Ihrem diesjährigen Kongress legen Sie – wenn ich es recht sehe – den Schwerpunkt auf verantwortbaren Umgang mit dem eigenen Leben zumal in Krankheit und Alter. Gerade der Wunsch mancher unserer Mitbürger nach einem selbstbestimmten Sterben treibt nicht nur die Gemüter um, sondern fordert uns Christen nach hilfreichen Antworten heraus. Die gute Begleitung Schwerkranker, die liebevolle Betreuung von Kranken, die schon vom Tode gezeichnet sind, die zupackende Aufmerksamkeit gegenüber Demenzkranken oder Menschen in Hospizen, die eine möglichst schmerzfreie Zeit erleben sollten, reduziert sicherlich den Wunsch nach selbstbestimmtem Sterben. Gut vermittelte christliche Sozialethik und das Deutlichmachen christlicher Moraltheologie helfen, die unantastbare Würde eines jeden Menschen auch in Krisensituationen nicht als Last wahrzunehmen sondern als Aufgabe anzunehmen.

Papst Franziskus hat mit seinen herausfordernden Gedanken, dass Kirche aus sich heraustreten und an die Ränder der Gesellschaft gehen müsse, auch wenn sie sich dabei Beulen und Schrammen hole, viele Diskussionen ausgelöst. Seine oft bildhaften Vergleiche – wie zum Beispiel Kirche als Lazarett – bergen zwar die Gefahr der Missinterpretation in sich, öffnen aber deutlich den Blick für die anstehenden Aufgaben der Kirche. Kirche hat immer dem Menschen zu dienen. „Eine Kirche, die nicht dient, dient zu gar nichts“, hat schon vor Jahren ein Bischof gesagt. Kirche soll dem Einzelnen das Bewusstsein für seine von Gott verliehene Würde deutlich machen, die zugleich aber auch das eigene Leben als Geschenk und nicht als Besitz begreifen lässt.

Eine oft sehr verschiedene Sicht auf Sinn, Nutzen und verantwortlichem Umgang mit menschlichem Leben ist gerade durch unser christliches Menschenbild, das – meiner Meinung nach – erst die Fülle des Menschseins ermöglicht, zu bereichern und als Entscheidungshilfe einzubringen.

Meine Erfahrung ist, dass viele der heutigen Menschen auf Antworten der Kirche warten. Gerade in der Pluralität der unterschiedlichen Sichtweisen ist die Stimme der Kirche keine Marginalie. Es mangelt häufig nicht am „fides qua“, sondern am „fides quae“. Glaubensinhalte sind leider zu wenig bekannt und lassen plakative Äußerungen der Kirche in den Medien manches Mal undifferenziert Wunden aufreißen, statt zu schließen.

Im heutigen Evangelium stellt Jesus den Pharisäern und Schriftgelehrten im Grunde eine recht seltsame Frage: „Was ist am Sabbat erlaubt: Gutes zu tun oder Böses...?“ (Lk 6,9) Sie, die Jesus eine Falle stellen wollen, wissen offensichtlich keine Antwort. Jesus gibt eine Antwort durch die Tat. Er heilt den Mann, dessen rechte Hand verdorrt war. Jesus kennt das Sabbatgebot. Er weiß um den Konflikt, in dem die Pharisäer und Schriftgelehrten stehen: Einerseits soll man Menschenleben retten und nicht zugrunde gehen lassen. Aber andererseits soll man den Sabbat als Ruhetag ernst nehmen und nichts – auch nicht zur Heilung – unternehmen.

Wir haben sicherlich keinen Grund, die Pharisäer zu verurteilen, weil sie sich im Zwiespalt menschlicher Satzung gegenüber göttlichem Recht gefangen sehen. Geht es nicht auch uns manchmal so?

Jesus aber handelt. Er heilt den kranken Menschen. Und damit stellt er eindeutig göttliche Gebote über menschliche Vorschriften. Er macht durch seine Tat deutlich, dass ‚Gutes zu tun’ immer den Vorrang hat. Gerade durch Unterlassung des Guten sündigen wir vielleicht mehr als durch aktive böse Taten. 

Gottes Liebe im Heute zu leben ist der umfassende Auftrag Jesu an die Kirche. Dafür darf uns keine Herausforderung zu hoch, und keine Anstrengung zu viel sein. Dabei dürfen wir nicht darauf schielen, wie unser Engagement missverstanden werden könnte. Es gilt für jeden Einzelnen von uns, Jesu Liebe konkret umzusetzen: Das gilt ebenso im Blick auf die Asylsuchenden wie auf die alten, kranken und sterbenden Menschen.

Es kann uns dabei geschehen, dass Menschen – wie die bei der damaligen Heilung Jesu anwesenden Pharisäer und Schriftgelehrten – wütend werden und uns angreifen. Aber das Liebesgebot Gottes, das uns leben lässt, steht über allem und ist der Maßstab für unser Handeln. Amen.