Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Kirche Gottes für die Menschen

Ansprache von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann bei der Herbstvollversammlung des Diözesanrats der Katholiken am Freitag, 18. Oktober 2013, in Würzburg

Liebe Schwestern und Brüder,

sehr herzlich grüße ich Sie alle zur diesjährigen Herbstvollversammlung des Diözesanrates im Bistum Würzburg hier in Himmelspforten.

„Merkt ihr es nicht – schon kommt es zum Vorschein!“ Dieses Wort aus dem Buch Jesaja (Jes 43,18) steht als Leitsatz über dieser Vollversammlung. Und es ist ein Hinweis auf den thematischen Schwerpunkt dieses Treffens: Geistlich geprägte Kirchenentwicklung und Kleine Christliche Gemeinschaften sollen besonders in den Blick genommen werden. Ein wichtiges und tief gehendes Thema, denn es stößt uns auf das, worum es uns bei allem Denken, Planen und Diskutieren eigentlich geht: den Glauben zu stärken. Menschen den christlichen Glauben nahe zu bringen. Und dies – ganz wichtig – aus unserem eigenen, persönlichen Glauben, aus einer tiefen Beziehung zu Gott heraus.

Das wird auch deutlich, wenn wir auf die Themen schauen, die in diesem Jahr unsere Kirche geprägt und beschäftigt haben und es noch tun.

Ein Papst tritt zurück – einmalig in der Kirchengeschichte ist dieser Vorgang. Und es hat Papst Benedikt einen hohen Respekt eingebracht, dass er diesen Schritt aus freien Stücken gegangen ist. Papst Franziskus wurde sein „Nachfolger“ in zweifachem Sinn – er führt Benedikts Pontifikat weiter und setzt zugleich neue Akzente – aus seinem tiefen Glauben heraus. Er ist Bewahrer und Erneuerer in einem. Er führt uns auf die Grundlagen unseres Glaubens zurück – und spricht dabei eine einfache und doch tiefe Sprache, die die Menschen verstehen. Er lebt das vor, was unseren Glauben ausmacht – was Jesus selbst uns gepredigt und vorgelebt hat – und führt uns damit an die Wurzeln unseres christlichen Denkens und Handelns.

Er wendet sich den Einzelnen zu, er nimmt besonders die Bedürftigen in den Blick. Er gewinnt weltweit die Herzen mit seinem offenen Wesen und seiner Herzlichkeit.

Ein Beispiel seiner Spiritualität aus dem Leben: In einer Predigt zum Evangelium vom Barmherzigen Samariter sagte er jüngst:

„Die Flucht vor Gott: Christen, Katholiken, Laienvertreter, Priester, Bischöfe, Päpste … alle, alle können vor Gott davon laufen! Es ist eine tägliche Versuchung.

Nicht auf Gott hören, seine Stimme nicht hören, nicht im Herzen sein Wort, seine Einladung hören.

Im Evangelium wird von diesem Mann berichtet, der halb tot am Wegesrand liegen gelassen wird. Ein Priester kommt zufällig vorbei, ein würdiger Priester im Talar, sehr schön und gut! Er sah das und sagt sich „Ich komme zu spät zur Messe“, und er ging weg. Er hat die Stimme Gottes nicht gehört. …

Der Priester kam pünktlich zu seiner Messe und alle Gläubigen waren zufrieden; der Levit hatte einen ruhigen Tag.

Warum flieht der Priester vor Gott? Warum flieht der Levit vor Gott? Weil ihre Herzen zuwaren, und wenn man sein Herz schließt, kann man die Stimme Gottes nicht hören. Nur der Samariter auf der Reise ‚sah und hatte Mitleid’: Er hatte ein offenes Herz, er war menschlich.“

„Merkt ihr es nicht – schon kommt es zum Vorschein!“ – Papst Franziskus bringt mit seinen Worten zum Vorschein, was Kirche wirklich ist: eine dienende Kirche. Eine Kirche Gottes für die Menschen. So lebt Kirche aus dem Geist Gottes!

Im Sommer waren die Vorfälle im Priesterseminar ein Schatten, der sich über unser Bistum gelegt hat. Es galt, alles sorgfältig aufzuarbeiten und zu prüfen. Die eingesetzte Kommission lieferte durch Ihre Arbeit fundierte Ergebnisse. Und aufgrund dieser Ergebnisse haben Erzbischof Schick und ich eine schwere, aber nach unserer Einschätzung konsequente Entscheidung getroffen.

Es gibt für uns Christen nicht den geringsten Zweifel daran – auch wenn es unüberlegt vorgetragen wird –, dass menschenverachtendes Gedankengut nicht zu dulden ist – nicht in unserer Gesellschaft und schon gar nicht in unserer Kirche. Daher war dieser Schritt, zwei Studierende aus dem Seminar zu entlassen, ein schmerzhafter Einschnitt, aber der aus unserer Sicht nötige Weg. Wir brauchen Priester, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind, die ihren Dienst für alle Menschen ausfüllen, und die aus einer gesunden geistlichen Tiefe ihr Leben gestalten.

Bei der Diakonenweihe der angehenden Priester habe ich Ende September den Weihekandidaten in der Predigt mitgegeben:

„Was unsere Zeit braucht, ist die Erfahrung praktizierter Liebe. Es geht um ein Lebenszeugnis, das aus der glaubensstarken Liebe zu Gott erwächst und unser Verhalten prägt. ... Wir brauchen eine hoffnungsfrohe Kirche. Dieses ständige Herumkritisieren, dieses Jammern und Nörgeln in den eigenen Reihen, der uns manchmal hautnah entgegenbrandende Pessimismus und gar Zynismus, vermag keine Hoffnung zu bringen. Unsere Mitmenschen erwarten zu Recht, dass wir – beginnend in den schwierigen Lebenssituationen, z.B. am Kranken- und Sterbebett – Hoffnung schenken.

Wir alle wissen um den Graben zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Es stellt sich für uns Insider die Frage: Gehen wir genügend auf die Menschen zu? … Jegliche Form von Überheblichkeit und Klerikalismus ist Anmaßung und trägt zur Spaltung bei. Nicht ohne Grund fordert Papst Franziskus mehr Barmherzigkeit ein: Barmherzigkeit gegenüber allen, Barmherzigkeit, die wir selber ebenso benötigen.

Es ist allenthalben spürbar, dass unsere Kirche barmherziger erfahren werden will. Das kann keine Aufforderung sein, die erkannten Grundwerte aufzuweichen oder gar zu verwerfen. Barmherzigkeit aber will in der Liebe zueinander erfahren werden.“

Ein weiteres wichtiges Thema zieht sich durch dieses Jahr: das Thema „Asyl“. Die Schiffskatastrophen vor Lampedusa und Sizilien haben auf erschreckende Weise gezeigt, dass hier niemand wegsehen darf!

Wir stehen als reiches Land in der Pflicht, in sozialen Notfällen für verfolgte und bedrohte Menschen eine Aufnahme in unserem Land zu ermöglichen. Das ist natürlich ein Thema für die politisch Verantwortlichen in unserem Land. Aber es ist auch zutiefst ein Thema für uns als Kirche. Wir sind im Bistum Würzburg seit längerem dabei, uns für eine würdige Unterbringung von Asylsuchenden einzusetzen.

Im Folgenden möchte ich auf zahlreiche Aktivitäten der Diözese für Asylbewerber hinweisen:

– mit dem Projekt „Mov' in III“ konnte durch den Caritas-Flüchtlingsdienst – mit Unterstützung durch das Sozialministerium – seit 1. April 2013 49 Personen zum Auszug aus der staatlichen Unterkunft in eine Wohnung verholfen werden

– 16 weitere Personen wurden in Wohnungen der SBW-GmbH, des Bischöflichen Stuhls und des St. Bruno-Werkes vermittelt, darunter eine fünfköpfige Familie

– in Münnerstadt stellt das St. Bruno-Werk 18 Wohnungen in 3 Objekten als Gemeinschaftsunterkunft zur Verfügung

Beispielhaft nun konkret das Engagement im Stadtbereich Würzburg. Gruppen, die in der Gemeinschaftsunterkunft Würzburg und deren Umfeld tätig sind und mit denen die Caritasdienste eng zusammenarbeiten:

1. Initiative „Ordensleute für den Frieden“, Kloster Oberzell: Kleiderkammer, Teestube, Frauentreffen usw.

2. Katholische Hochschulgemeinde: Teestube, Lern- und Spieltreff, Kinderbeschäftigung, Sprachkurse für Kinder und Jugendliche usw.

3. Evangelische Studentengemeinschaft: Zusammenarbeit mit der Katholischen Hochschulgemeinde

4. Ökumenischer Asylkreis Würzburg: Begegnungsabende mit Flüchtlingen in der Kuratie Hl. Geist, Sprachkurse für Frauen, Projektarbeit. Vermittlungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Zusammenarbeit mit St. Johannis und anderen katholischen und evangelischen Pfarreien in Stadt und Landkreis Würzburg

5. Asylseelsorge der Diözese Würzburg: Seelsorge und Begleitung Einzelner und von Familien, Begleitung von Christen, am Christentum Interessierter und Neuchristen. Öffentlichkeits- und Vermittlungsarbeit. Kooperation mit Verantwortlichen der katholischen und evangelischen Kirchen Unterfrankens bzw. Bayern.

6. Gemeinschaft Sant'Egidio: Sprachkurse für Jugendliche und Erwachsene

7. Freundeskreis für ausländische Flüchtlinge e. V.: Beratung in allen Fragen

8. Don-Bosco-Schule: Sprachkursangebot

9. Junge Aktion der Ackermanngemeinde: Jugendbetreuung

10. Missionsärztliches Institut: Einsatz im Bereich Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge in der Gemeinschaftsunterkunft Würzburg

11. IN VIA und Don Bosco: Im Lioba Heim und in der Don Bosco-Schule / im Internat werden unbegleitete Minderjährige aufgenommen. Darüber hinaus engagiert sich Don Bosco stark im Bereich Schule und Ausbildung für diese Jugendlichen.

Dieses Engagement geht weit über unseren Auftrag aus der Asyl-Richtlinie hinaus! Dazu kommen noch Aktivitäten in Einzelprojekten und in den Regionen der Diözese, etwa Deutschkurse oder die Begleitung von Asylbewerbern durch Helferkreise.

Wir sind auch in Überlegungen und Gesprächen, wie wir Asylsuchende noch weiter unterbringen oder unterstützen können. Dazu braucht es aber auch jede und jeden von Ihnen vor Ort. Gehen wir auf die Menschen zu, die vielleicht in unserer Umgebung leben. Prüfen wir – auch die einzelnen Pfarrgemeinden – ob wir vielleicht sogar selbst Menschen unterbringen können, die bei uns Zuflucht suchen.

Auch hier zeigt sich, aus welchem Geist wir unser Christsein leben. „Merkt ihr es nicht – schon kommt es zum Vorschein!“

Im Juli durfte ich mit 60 Jugendlichen und einigen Begleitpersonen beim Weltjugendtag in Brasilien sein. Die Begegnung mit dem Heiligen Vater in Rio war ein unvergessliches Erlebnis. Ich möchte hier aber besonders auf die erste Woche unseres Aufenthaltes in Brasilien eingehen, auf die Woche in unserem Partnerbistum Óbidos.

Und ich freue mich sehr, dass in diesen Tagen eine Delegation aus Óbidos unser Bistum besucht und auch heute hier bei uns ist!

Vielleicht mag mancher bei so einer Partnerschaft den Gedanken haben: Wir, das reiche und erfahrene Bistum Würzburg, sind da wohl eher die Gebenden, und die Menschen von Óbidos die Nehmenden. Das mag in finanzieller Hinsicht vielleicht so sein, und das ist auch gut so! Aber: diese Partnerschaft ist ein Gewinn für uns alle! Und wir waren diejenigen, die Empfangen haben in dieser Woche!

Die Herzlichkeit, die Glaubensfreude, das unbeschreibliche Engagement, vor allem auch der Laien, das wir im Bistum Óbidos kennengelernt und erfahren haben, waren beeindruckend! Dafür bin ich auch jetzt noch sehr dankbar. Wir haben eine junge Kirche erlebt, in der viele mit anpacken, in der die sozialen Nöte der Menschen gesehen werden und direkt dort geholfen wird, wo es nötig ist. Wir haben eine Kirche erlebt, die aus Gottes Geist lebt und arbeitet, die aus gemeinsamen Gottesdiensten Kraft und Richtung holt. Wir haben eine Kirche erlebt, in der das Miteinander von Laien, Priestern und Bischöfen selbstverständlich, herzlich, von großer Wertschätzung und Vertrauen geprägt ist.

Und wir haben eine fröhliche Kirche erlebt, Gottesdienste, die lebendig, menschlich und herzlich gefeiert wurden. Ich wünsche mir auch für uns und unsere Gemeinden, dass unsere Gottesdienste noch lebendiger und fröhlicher gefeiert werden!

Für die Partnerschaft mit Óbidos, aber auch mit dem Bistum Mbinga, mit dem wir 2014 schon auf 25 Jahre Partnerschaft blicken können, danke ich allen, die sich hier engagieren, und möchte Sie alle ermutigen:

Lernen Sie diese Bistümer kennen! Dies wird sicher auch heute Abend beim Austausch mit der Delegation aus Óbidos gelingen, und darüber hinaus in den Begegnungen in den nächsten Jahren.

Lebendige Gottesdienste – das neue Gotteslob ist da! Endlich! Und es ist mit seiner Fülle an Liedern und an Texten, Andachten und Gebeten bestens dazu geeignet, ein echtes Glaubensbuch zu sein – mehr als nur ein Buch für eine Stunde in der Woche, im Sonntagsgottesdienst.

Leider haben die Probleme mit dem Druck, die wir in einigen Diözesen haben, die ungetrübte Freude über dieses Neue Gotteslob beeinträchtigt. Aber auch das wird sich in den Griff bekommen lassen.

Haben Sie den Mut, die neuen Lieder in den Gemeinden einzuüben, und das neue Gotteslob auch in ihrer Familie zu einem Gebets- und Glaubensbuch zu machen. Sie finden darin reichliche Anregungen. Auch ein Baustein der Zukunft, der unsere Kirche geistlich prägt und weiterführt. „Merkt ihr es nicht – schon kommt es zum Vorschein!“

Ein weiteres wichtiges Thema dieses Jahres ist der Fortgang des Dialogprozesses in unserem Bistum und in der deutschen Kirche. Im September haben wir mit einer Delegation am Gesprächsforum „Im Heute glauben“ in Stuttgart teilgenommen. In den konstruktiven und offenen Gesprächen wurde deutlich: dieser Gesprächsprozess wird nicht ohne Folgen bleiben. Das wird nicht zuletzt beim Thema „Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen“ deutlich. Hier ist der Wunsch nach mehr Seelsorge und Begleitung bei allen zu spüren.

Sie, Herr Büttner, haben besonders auch die wertschätzende und offene Gesprächsatmosphäre gelobt, die wir in Stuttgart erlebt haben. Ein solcher Umgang miteinander muss in unserer Kirche und in unserem Bistum eigentlich ganz selbstverständlich sein.

Ich weiß, wir erleben das nicht immer... aber immer öfter!

„Merkt ihr es nicht – schon kommt es zum Vorschein!“ Sicher haben Sie bei der Themenstellung nicht die Ereignisse in Limburg vorausahnen können oder vorwegnehmen wollen. Ohne dass ich hier ins Detail gehen muss: Das Ganze ist im Herbst natürlich ein Punkt, der unsere Kirche belastet. Und ich hoffe auf eine schnelle und gute Klärung und konstruktive Wege aus dieser Krise, die das Bistum Limburg im Moment stark beeinträchtigt.

Sie können sicher sein, dass wir im Bistum Würzburg alles tun, um mit den Geldern, die wir zum ganz großen Teil aus den Kirchensteuern zur Verfügung haben, angemessen, sparsam und sinnvoll umzugehen. Darüber legen wir transparent Jahr für Jahr im Haushaltsplan offen Zeugnis ab. Und diese Glaubwürdigkeit können Sie mit Fug und Recht von uns im Bistum erwarten.

Der „bischöfliche Stuhl“ ist keine Portokasse des Bischofs, sondern eine sinnvolle Möglichkeit kirchliche Gelder sinnstiftend zu verwenden.

„Merkt ihr es nicht – schon kommt es zum Vorschein!“ Im Blick auf dieses Jahr möchte ich sagen: es kommt neben dem, was Schatten wirft, auch viel Mutmachendes zum Vorschein! Vieles, was uns für die Zukunft unserer Kirche und unseres Glaubens Hoffnung macht. Damit will ich nicht das überdecken oder in Abrede stellen, was in unserer Kirche durch menschliche Schwäche immer wieder fehl geht. Aber ich möchte Sie bitten, dass wir gemeinsam, Hauptamtliche und Ehrenamtliche, Priester, Diakone und Laien unsere Gemeinden und unser Bistum mitgestalten. Und dass wir dies, wie es heute und morgen Ihr Thema sein wird, aus Gottes Geist tun, aus einem festen Glauben, der unser Leben prägt und aus dem wir die Kirche mitgestalten können.

In diesem Sinne danke ich Ihnen für all Ihr Engagement und freue mich nun auf den Austausch und das Gespräch mit Ihnen!

Vielen Dank!

(Es gilt das gesprochene Wort!)