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Mozarts Musik verzaubert

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann beim Pontifikalgottesdienst anlässlich der Mozartwochen am 23. Juni 2013 im Würzburger Dom

Liebe Schwestern und Brüder,

in diesen Würzburger Mozartwochen, die nach Salzburg die älteste Tradition aufweisen, erklingt auch in diesem Pontifikalamt die Krönungsmesse in C-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart.

Mozarts Musik verzaubert die Menschen heute genauso wie zu seiner Zeit.

Unabhängig von der Frage nach Mozarts Kirchlichkeit und Lebenswandel öffnet seine Musik den Himmel einen Spalt weit.

Domkapellmeister Georg Ratzinger sagte einmal: „Mozarts Musik ist eine Botin des Glücks der Seligkeit, die die himmlische Realität abbildet. Und sie kündet von der Einheit der Schöpfung mit ihrem Schöpfer." (Radio Vatikan. Dossier: Mozart. Zum 250. Geburtstag).

In diesem Satz ist etwas von einer Wirklichkeit ausgedrückt, die nicht nur das Spezifikum Mozartscher Musik betrifft, sondern unsere christliche Lebenssicht: Durch Christus sind wir eine neue Schöpfung. Oder wie es eben in der Lesung aus dem Galaterbrief zu hören war: „...ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus als Gewand angelegt...ihr alle seid ‚einer' in Christus." (Gal 3,27f.)

Als erlöste Menschen haben wir jetzt schon teil an der Vollendung, in die uns Christus vorausgegangen ist und die schon jetzt gewiss im sakramentalen Geschehen, aber wohl auch – wenn auch auf andere Weise – im großen künstlerischen Tun, erfahrbar wird.

Mit Blick auf die schöpferische Qualität der Kunst formulierte der Fotograf und bildende Künstler Wols (Wolfgang Schulze) in einem seiner Aphorismen: „Das Bild kann zur Natur eine Beziehung haben, wie die Fuge Bachs zu Jesus Christus. Dann ist es keine Nachahmung sondern eine analoge Schöpfung." (FAZ 19.06.2013, 27)

Die Kultur als eine Weise menschlicher Mitarbeit am Schöpfungsauftrag Gottes hat immer schon im Kult und erst recht im jüdisch christlichen Glauben eine besondere Rolle gespielt.

Selbst im Buch Ijob, das gerade die Spannung der zu zerbrechen drohenden menschlichen Existenz unter dem Anspruch Gottes schildert, stehen so wunderschöne lyrische Sätze wie: „Wer verschloss das Meer mit Toren, als schäumend es dem Mutterschoß entquoll; als Wolken ich zum Kleid ihm machte, ihm zur Windel dunklen Dunst?"

Schon im Alten Bund ist der Tempelbau in Jerusalem eine höchst künstlerische Leistung, die detailliert mit ihren Maßeinheiten, Materialien und Beschreibungen einzelner Kunstwerke überliefert ist. Die kunstvollen Musikinstrumente sind ebenso Teil der Gottesverehrung wie die wunderschönen Psalmen, die teilweise eine hohe lyrische Qualität aufweisen.

Auch in unserer zweitausendjährigen Kirchengeschichte nimmt die Kultur einen hohen Stellenwert ein. Was wäre Europa ohne seine Kathedralen, Klöster und Universitäten? Was ohne Choral, Oratorien, Messkompositionen und geistliche Literatur?

Die Heilige Schrift ist voll sprechender Bilder in künstlerisch geformten Sätzen.

Ziel all diesen Sprechens von Gott und den Menschen ist die Übersteigung menschlicher, geschöpflicher Erfahrung in den Offenbarungsraum Gottes hinein. Es geht immer um Inspiration, die Erfahrung des Geistwirkens in unserem Leben und die Wahrnehmung des Himmels in dieser Weltzeit. Es geht um die Berührung mit dem Ursprung und Ziel unseres Lebens: Gott.

Es mag Situationen in unserem Leben geben, in denen uns der Himmel nicht mehr existent oder zumindest verschlossen zu sein scheint. Das kann sein, wenn wir Erfahrungen wie Ijob machen, der als tief frommer Mann in das größte Elend gestoßen wird und Gott und die Welt nicht mehr versteht.

Es kann aber auch Situationen geben, in denen sich uns der Himmel auf eine so unmittelbare, packende Weise erschließt, dass wir zu jubeln beginnen möchten. Das ist beispielsweise bei dem Hören der Krönungsmesse möglich, wenn uns der festliche Schwung, der Kontrastreichtum und die Vielfalt der sinfonischen Elemente auf engstem Raum erreicht. Hier verbinden sich mit der geschlossenen Form Melodie und sinfonische Strukturierung zu einer Einheit, die beglückend einen Spalt in den Himmel öffnet.

Diese wahrscheinlich zum ersten Mal für einen Ostergottesdienst 1779 am Salzburger Dom komponierte Messe steigert vom straffen, dreiteilig angelegten Kyrie über das empfindsam gestaltete Benedictus bis hin zu dem das Agnus Dei abschließenden „Dona nobis pacem" die thematische Vereinheitlichung. Der Osterjubel über die Auferstehung Jesu Christi bahnt sich voll Freude musikalisch Bahn in eine ergreifende Glaubensgewissheit.

Zum ersten Male könnte diese Messkomposition bei den Krönungsfeierlichkeiten von Kaiser Franz II. aufgeführt worden sein. Später gehörte sie zu den beliebten Messkompositionen für Königs- und Kaiserkrönungen sowie Dankgottesdiensten.

Diese Musik verbindet den Himmel mit der Erde und die Erde mit dem Himmel.

Im heutigen Evangelium fragt Jesus seine Jünger, für wen ihn die Leute halten. So unterschiedlich auch noch heute die Antworten ausfallen werden, so heterogen waren sie auch zur Zeit Jesu. Die einen hielten ihn für den damals bekannten und Aufsehen erregenden Bußprediger Johannes der Täufer, andere für den Propheten Elias oder einen anderen auferstandenen alten Propheten. Jesus gibt sich nicht mit diesen Antworten zufrieden. „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?" (Lk 9,20), fragt er seine Jünger. Petrus gibt für alle die Antwort: „Für den Messias." (Lk 9,20) Dass sich an das Bekenntnis seiner Gottessohnschaft die Aufforderung anschloss, sein bevorstehendes Leiden zu akzeptieren und die Auferstehung am dritten Tage nicht aus dem Blick zu verlieren, ist auch eine direkte Aufforderung an uns,

Christus auf dem Kreuzweg dieser Welt nachzufolgen, aber die schon in unsere zerbrechliche Welt hineinreichende Wirklichkeit der Auferstehung nicht zu vergessen. 

Von Wolfgang Amadeus Mozart wissen wir durch seine Eintragung 1776 in sein Tagebuch, dass er an Gottes Führung geglaubt hat: „Ich habe Gott immer vor Augen, – ich erkenne seine Allmacht, ich fürchte seinen Zorn, ich erkenne aber auch seine Liebe, sein Mitleiden und seine Barmherzigkeit gegenüber seinen Geschöpfen."

Wie steht es da bei uns? Kann uns nicht auch Mozarts wunderbare Musik helfen, das Vertrauen in das beständige Wirken Gottes in und unter uns zu stärken und unserem Glauben an die Gottessohnschaft Jesu jubelnden Ausdruck verleihen? Amen.