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„Mutig den Weg in die Zukunft gehen“

Ansprache von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann bei der Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats der Katholiken am Freitag, 21. März 2014, in Würzburg

Liebe Schwestern und Brüder,

sehr herzlich grüße ich Sie alle am Beginn der diesjährigen Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrates im Bistum Würzburg hier in Himmelspforten!

Es ist zugleich die letzte Vollversammlung für den Diözesanrat in dieser Zusammensetzung. Nach den Pfarrgemeinderatswahlen, die vor kurzen stattgefunden haben, wird sich auch der Diözesanrat neu aufstellen. Für manche von Ihnen geht also die Amtszeit mit dieser Vollversammlung zu Ende, für andere geht Sie im neuen Gremium weiter, und es werden auch wieder neue Gesichter dazu kommen.

Lassen Sie es mich gleich hier am Anfang sagen: Ich danke Ihnen allen für Ihren Einsatz, Ihr Engagement, Ihre Zeit, die Sie aufbringen, und Ihr Ringen um einen guten Weg für unsere Kirche in dieser Zeit und im Blick auf die Zukunft. Ich weiß das wirklich sehr zu schätzen!

Herr Büttner wird im Anschluss einige aktuelle Themen detaillierter betrachten. Lassen Sie mich deswegen heute die Gelegenheit nutzen, eher grundlegende Gedanken zur Situation unserer Kirche und zur Situation in unserem Bistum zu sagen. Dies scheint mir im Blick auf diese letztmalige Runde in dieser Zusammensetzung angebracht.

Seit einem Jahr prägt Papst Franziskus unsere Kirche und vor allem auch die öffentliche Wahrnehmung der katholischen Kirche. Sein Apostolisches Schreiben „Evangelii Gaudium“ steht an diesem Wochenende ja auch im Mittelpunkt Ihrer thematischen Arbeit, und es sind wirklich Worte, die es lohnt zu lesen und zu bedenken.

Was ist das besondere an Papst Franziskus? Was hat er, was neu und anders ist als seine Vorgänger?

Ganz maßgeblich und grundlegend ist es seine Herkunft, als erster Papst aus Lateinamerika und als Papst, der aus seiner bisherigen pastoralen Arbeit besondere Erfahrungen mitbringt, vor allem auch eine große Sensibilität dafür, wie das Evangelium heute neu zu buchstabieren ist.

Es ist ganz beachtlich, wie sein Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit, seine dienende Menschlichkeit und sein natürliches, schlichtes Auftreten und Verhalten wahrgenommen werden. Sein gutes Verhältnis zu seinem Vorgänger Papst em. Benedikt ist beispielhaft für viele andere und sollte auch beispielhaft sein für unseren Umgang miteinander in der gesamten Kirche!

Er ist offen und aufmerksam für jeden Menschen. Kaum vorstellbar, mit welcher Geduld er stundenlang in den Begegnungen – nicht nur am Weltjugendtag im letzten Jahr – mit offenen Armen und offenem Herzen auf die Menschen zugegangen ist und zugeht!

Was passiert da gerade in unserer Kirche? Ein Papst zeigt sich menschlich, nahbar, lebensnah, ohne Berührungsängste. Außer seinem Sicherheitspersonal sind offensichtlich alle darüber begeistert!

Warum macht er das? Und wie kann er das überhaupt durchhalten?

Liebe Schwestern und Brüder, ich bin überzeugt, dass er es aus einer tiefen Beziehung zu Gott heraus tut. Wir haben beim Weltjugendtag und vor allem beim Besuch in unserem Partnerbistum Óbidos erlebt, welche Bedeutung das Wort Gottes für den Glauben der Menschen in Lateinamerika hat. Es ist die Grundlage allen Handelns.

Ohne das Hören auf das Wort gibt es kein Tun. Und umgekehrt: aus der Gewissheit, welchen Weg uns Jesus vorgelebt hat, gehen die Menschen Ihren Lebensweg, setzen sich ein für Menschen in Not, leben das, was sie glauben. Beeindruckend waren diese Begegnungen in Brasilien für alle, die dies bisher schon erleben durften!

Auch Papst Franziskus lebt ganz stark dieses Hören auf Gottes Wort! Von hier aus kann er sich für die Bedürftigen stark machen. Und ein zentrales Anliegen gibt ihm ebenfalls das Beispiel Jesu vor: Habt den Mut, missionarisch zu sein! Habt den Mut, auf die Menschen zuzugehen, an die Hecken und Zäune zu gehen. Das schon berühmt gewordene Wort von der „verbeulten Kirche“, die Papst Franziskus lieber ist als eine Kirche, die sich zu sehr im eigenen Kreis aufhält und ja nur darauf bedacht ist, sich keine Schrammen zu holen, spricht Bände.

Wie stellt sich das bei uns dar? Die Besucherinnen aus Óbidos, die bei der letzten Vollversammlung hier dabei waren, haben nach ihrem Besuch unter anderem zwei wichtige Beobachtungen mitgeteilt (Ich pointiere jetzt etwas): „So viele Priester habt ihr!“ Und: „Die Bibel kommt bei euch fast gar nicht vor!“

Was soll uns das sagen? Zum einen: Wir sind nach wie vor in unserem Bistum ganz stark fixiert auf unsere Priester. Um das gleich zu sagen: Ich würde jeden geeigneten Priester (und auch jeden Diakon, jede Laien-Seelsorgerin und jeden Seelsorger) natürlich von Herzen gerne sehen und aufnehmen in den Dienst in unserem Bistum. Aber es geht hier zunächst um etwas ganz anderes.

Priesterfixiertheit meint das, was mir auch bei den Visitationen in den Dekanaten oft gesagt wird: Alles wird vom Priester her gedacht. Kommt der Priester einmal nicht, ist alles scheinbar nur noch halb so viel wert. So denken zumindest immer noch nicht wenige in den Gemeinden. Und auch wenn jeder sagt, dass die Priester ja soviel zu tun haben, sind doch die wenigsten bereit, auch einmal Abstriche zu machen, um den Priester zu entlasten.

Es geht darum, ob wir uns darüber bewusst sind: Den Glauben weiterzugeben, das ist zuallererst die Aufgabe von uns allen! Das zu begreifen und umzusetzen, ist eine der Aufgaben unserer Zeit.

Wir stehen im Moment ein paar Schritte nach einer Zeit, in der oftmals der Glaube in der Familie kaum mit Leben gefüllt wurde, in der es schwer bis unmöglich war, in den Familien über den Glauben zu reden oder gemeinsam zu beten.

Heute entdecken wir, dass die Familie die erste und ursprünglichste Keimzelle des Glaubens ist. Was die Kinder in den Familien nicht an Glauben erleben und im wahrsten Sinn des Wortes „kennen lernen“, das versuchen Kindergärten, Schulen und Katechesen in der Pfarrgemeinde aufzufangen. Wertvolle Arbeit! Aber ohne den Rückhalt in den Familien ist es oft schwer, nachhaltig den Kindern und Jugendlichen den Glauben nahe zu bringen.

Und zum zweiten, liebe Schwestern und Brüder, sagt uns die Rückmeldung der Christinnen aus Óbidos: Orientieren wir uns an dem, was Jesus uns sagt. Hören wir hin auf das, was Gott uns Sonntag für Sonntag durch das Wort der Heiligen Schrift sagen will.

Fassen wir selbst uns ein Herz. Nehmen wir den Mut zusammen, unseren Glauben zu leben und auch anderen davon weiterzusagen. So viele gelingende Erfahrungen bekomme ich im Laufe der Jahre in unserem Bistum mit, wo Menschen Wege und Formen finden, anderen den Glauben nahe zu bringen. Auch neue liturgische Formen werden gefunden, neue Wege, Menschen ins Gebet, in die Berührung mit Gott zu bringen.

Dieser Weg ist unumkehrbar. Nicht der Weg zurück in alte Strukturen und in alte Denkweisen ist der Weg, den wir heute gehen müssen. Es ist der Weg nach vorne, mutig und ohne die Angst, sich auch mal die Nase anzustoßen oder sich „eine Beule zu holen“, wie es Papst Franziskus sagt.

Haben Sie den Mut, anderen davon zu erzählen, was der Glaube für Sie bedeutet. Und haben Sie noch einen Schritt zuvor überhaupt den Mut, sich das selbst  bewusst zu werden, was der Glaube für Sie persönlich bedeutet: mein Glaube stärkt mich. Mein Glaube gibt mir Kraft, auch in schwerer Zeit. Mein Glaube ist das Rückgrat, das mich aufrecht durch mein Leben gehen lässt.

Bei der letzten Visitation in den Haßbergen haben mir die Mitglieder des Dekanatsratsvorstandes Folgendes erzählt: Sie haben sich zu Beginn Ihrer Arbeit als Gremium zuerst einmal Zeit genommen, sich über Ihren eigenen Glauben auszutauschen. Erst dann stand im Weiteren die ganz konkrete Arbeit an den Themen des Dekanates auf dem Programm. Beeindruckend! Man hat es im Gespräch gespürt, dass sich hier Menschen aus Ihrem Glauben heraus engagieren.

Dann ist es vielleicht auch wieder möglich, dass wir den dunklen Erfahrungen mit Kirche, die in den letzten Jahren oft das öffentliche Bild geprägt haben und zu denen wir natürlich stehen müssen, etwas anderes entgegen setzen können.

Und dann ist es vielleicht auch für junge Menschen heute wieder leichter, zu sagen: Ich möchte gerne meinen Glauben in einem Beruf der Kirche an andere weitergeben. Die großen Lücken, die wir derzeit in unserem Personalplan haben, und die in vielen Pfarreiengemeinschaften schmerzhaft zu spüren sind – ich weiß das nur zu gut – können wir nicht mehr hinnehmen.

Wir brauchen überzeugte, fähige und mutige junge Menschen für diesen Dienst in den Gemeinden. Bitte machen auch Sie den jungen Christinnen und Christen Mut, die Sie kennen, über einen Beruf in der Kirche nachzudenken. Auch diese Sorge geht uns alle an und ist nicht allein von Würzburg aus zu lösen.

Jüngst schrieb ein Mann aus unserem Bistum, der aus der Kirche ausgetreten ist, viele Fragen, ob und wo denn die Kirche überhaupt noch Gutes tue. Er prangerte an, dass sie sich in vielen sozialen Fragen nicht genügend einsetzen würde. Er hat vieles von dem, was wirklich an Gutem durch unsere Kirche geschieht, leider in seiner persönlichen Situation nicht wahrgenommen. Und sicher ist auch manches durch die Schatten dessen, was in unserer Kirche schief läuft, überdeckt worden.

Fassen wir wieder den Mut, unsere Kirche nach vorne zu bringen!

Das erwarte ich von unseren Seelsorgerinnen und Seelsorgern:

- dass sie mit offenen Herzen auf die Menschen zugehen;

- dass sie zuhören und zu verstehen suchen, welche Sorgen und Nöte die Menschen haben;

- dass sie in Konflikten nach gemeinsamen Wegen mit den Mitgliedern ihrer Gemeinden suchen.

Das wünsche ich mir von allen Gläubigen:

- dass sie den Mut haben, sich selbst als Kirche zu verstehen;

- dass sie den Mut haben, ihren Glauben zu leben und anderen vorzuleben;

- dass sie sich nicht scheuen, den Kindern und Jugendlichen den Glauben nahe zu bringen;

- und dass sie offen sind für die Menschen am Rand, die Armen, die Flüchtlinge, die Trauernden, diejenigen, die unsere Hilfe und Zuwendung besonders brauchen.

Liebe Schwestern und Brüder,

mir persönlich ist der Glaube eine Kraft, ohne die ich nicht durch mein Leben gehen will, und ohne die ich sicher auch so manche Wegstrecke nicht hätte gehen können. Ich bin sicher, dass auch Sie davon reichlich erzählen könnten, wo Gott in Ihrem Leben Ihnen spürbar nahe war, sei es ganz tief im Inneren oder auch durch die Wegbegleitung wertvoller Menschen, die er uns an die Seite stellt!

Haben wir den Mut, uns unseres Glaubens zu vergewissern, und daraus unser Leben, unser Tun und Denken zu gestalten. Und aus unserem Glauben heraus dann auch zu ringen um den Weg unserer Pfarrgemeinden, unserer Kirche. Dann sind wir auf der Spur dessen, was uns Papst Franziskus in diesem ersten Jahr seines Pontifikates vorgelebt und ans Herz gelegt hat.

Ich danke Ihnen nochmals für all Ihre Arbeit, besonders denen unter Ihnen, für die die Zeit hier im Diözesanrat nun endet. Ich danke von Herzen allen, die sich um unsere Diözese und die Seelsorge in unseren Pfarreien und in unseren Pfarreiengemeinschaften kümmern.

Lassen Sie uns gemeinsam am Ball bleiben und mutig den Weg weitergehen in die Zukunft.

Ich danke Ihnen ganz herzlich.