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„Streben auf Christus hin“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann beim Eröffnungsgottesdienst des 24. Kongresses der „Societas Liturgica“ am Montag, 5. August, im Kiliansdom in Würzburg

Verehrte, liebe Schwestern und Brüder in dem einen Herrn Jesus Christus!

„(...) bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch den Frieden, der euch zusammenhält.“

Die Mahnung des Apostels Paulus, die wir eben in der Lesung aus dem Epheserbrief gehört haben, haben wir sie uns nicht schon zu Herzen genommen und soeben in diesem festlichen Vespergottesdienst feiernd begangen?

Als wir uns an den Stufen des Eingangsportals des Kiliansdomes versammelten, haben wir den lebendigen Gott in dem einen Herrn Jesus Christus gepriesen. Wir haben ein Gedächtnis der einen Taufe, die uns alle als Christen verbindet, gefeiert, und wir haben dabei im Lobpreis und der Anrufung Gottes über dem Wasser den einen Glauben bekannt, auf den wir getauft wurden.

War es das also schon? Dürfen wir uns nun entspannt zurücklehnen, die doch offenbar vorhandene Übereinstimmung im Glauben feiern und es dabei bewenden lassen?

Nun, es scheint, dass Sie, liebe Schwestern und Brüder, darin nicht genug sehen, sonst wären Sie als Mitglieder der Societas Liturgica nicht so zahlreich nach Würzburg gekommen, um sich eine ganze Woche lang mit dem Thema „Liturgiereformen in den Kirchen“ zu befassen.

Dass ein selbstzufriedenes Sich-Zurücklehnen niemals genug ist, zeigt auch der historische Anlass, der den Hintergrund für die Wahl Ihres Kongress-Themas bildet: Zum 50. Mal jährt sich die Promulgierung der Konstitution über die Heilige Liturgie, Sacrosanctum Concilium, in diesem Jahr.

Im ersten Satz, des ersten Artikels dieses allerersten Dokuments, welches das Zweite Vatikanische Konzil verabschiedet hat, werden bereits zwei theologische Leitlinien genannt:

Aufgabe einer Reform der Liturgie muss es sein, „das christliche Leben unter den Gläubigen mehr und mehr zu vertiefen“, und eine Reform der Liturgie soll „fördern, was immer zur Einheit aller, die an Christus glauben, beitragen kann“ (SC, Art.1).

Lassen Sie uns heute Abend zu Beginn des Kongresses einen kurzen Augenblick bei diesen beiden Aussagen verweilen:

Zunächst mag es erstaunen, dass die Konzilsväter bereits in diesem allerersten Satz die Bedeutung des Strebens nach „der Einheit aller, die an Christus glauben“ so klar und deutlich als ein wichtiges Ziel von Liturgiereformen artikulieren.

Das Zweite Vatikanische Konzil war nicht nur dem Namen nach ein Ökumenisches Konzil, es hatte dieses Streben nach „der Einheit aller, die an Christus glauben“, auch von Anbeginn an klar als Ziel vor Augen.

Was später dann im bedeutsamen Ökumenismusdekret „Unitatis Redintegratio“ weiter entfaltet wurde, ist hier in der Liturgiekonstitution bereits im Kern enthalten. Viele kleinere und größere ökumenische Dialoge der vergangenen 50 Jahre, auf die wir in diesen Tagen ebenfalls dankbar zurückblicken dürfen, verdanken sich letztlich auch dieser Initialzündung des Konzils. Wäre dem nicht so, hätte die Liturgiekonstitution als liturgie-theologische Magna Charta der jüngsten Liturgiereform wohl nicht diese Wirkungsgeschichte entfaltet, und dies eben nicht nur innerhalb der römisch-katholischen Kirche, sondern in den unterschiedlichsten Kirchen und damit in mannigfachen liturgischen Traditionen überall auf dieser Welt.

Zum Zweiten unterstreicht der erste Artikel der Liturgiekonstitution aber auch in aller Deutlichkeit, dass Liturgiereformen in den Kirchen kein akademisches Glasperlenspiel sind. Ihr Ziel, so formuliert es Sacrosanctum Concilium, ist vielmehr stets, „das christliche Leben unter den Gläubigen mehr und mehr zu vertiefen“.

Der ehemalige Bischof von Mainz, Hermann Kardinal Volk, einer der Konzilsväter auf dem Zweiten Vatikanum, hat hierzu einmal ausgeführt:

Je mehr die verschiedenen christlichen Kirchen sich der Mitte ihres Glaubens gewahr werden, diese Mitte suchen und in der Liturgie dankbar, lobpreisend bezeugen, umso mehr werden sie feststellen, dass es diese eine Mitte, unser Herr Jesus Christus, ist, der sie bereits jetzt eint und der ihnen gemeinsam als Gabe geschenkt ist, dass es jener Urgrund, Jesus Christus, ist, auf den sie sich stützen. 

Ganz wie wir es eben in der Lesung gehört haben: ein Herr, ein Glaube, eine Taufe!

Wäre es nicht wunderbar, wenn der theologisch-wissenschaftliche Austausch, den Sie in den kommenden Tagen unternehmen, dabei dem Bild eines Wagenrades gleichen würde: Je mehr wir uns auf den Kern dessen besinnen, was unseren christlichen Gottesdienst ausmacht und was das Konzil so treffend mit dem Begriff des Paschamysteriums bezeichnet hat, je mehr wir uns also auf Jesus Christus hin bewegen, gleich den Speichen des Rades, die zur Mitte führen, desto mehr werden wir uns in der Besinnung auf diesen Kern gewahr werden, dass wir uns einander annähern.

In unserem Kiliansdom wird dieses Streben auf Christus hin sogar in der Ikonographie deutlich, wenn wir uns in der Feier der Liturgie als pilgernde Kirche, als Weggemeinschaft versammeln, um dem kommenden, wiederkehrenden Christus entgegenzuziehen.

In diesem Streben auf Christus hin sollen wir freilich nichts unversucht lassen:

Das Programmwort von der „tätigen Teilnahme“ (SC, Art. 14), welches die Liturgiekonstitution uns mit auf den Weg gibt, es gilt auch für unser Tun in den kommenden Tagen:

Wenn wir gemeinsam Gottesdienst feiern und so den Gott und Vater Jesu Christi verherrlichen, „der über allem und durch alles und in allem ist“, aber auch in unserem theologischen Ringen um Inhalte, auf dass wir einander wirklich „in Liebe ertragen“, „demütig, friedfertig und geduldig“.

Dass dies gelingen möge, liebe Schwestern und Brüder, darum wollen wir heute Abend besonders beten.

Auf dass so der 24. Kongress der Societas Liturgica seinen Beitrag leisten möge, „das christliche Leben unter den Gläubigen mehr und mehr zu vertiefen“ und „zu fördern, was immer zur Einheit aller, die an Christus glauben, beitragen kann“.

Mit den Worten des seligen Papstes Johannes Paul II., welche dieser bei seinem Schuldbekenntnis im Heiligen Jahr 2000 verwendet hat, dürfen wir dabei voller Hoffnung auf unseren einen Herrn Jesus Christus schauen und ihn bitten, dass wir dereinst „in einem Leib und einem Geist vereint, 
(...) die Freude über die volle Gemeinschaft wieder erleben dürfen.“ Amen.